WISSENSWERTES

STAND: JANUAR 2024


OPTIKER-SCHAUFENSTER


Wenn ich von Zeit zu Zeit an einem bestimmten – egal welchen – Optikerladen vorbeigehe, muss ich mit Erstaunen feststellen, dass dessen Schaufenster jedes Mal völlig anders gestaltet ist und nicht selten eine Dekoration aufweist, die durch außergewöhnlichen Ideenreichtum auffällt. Die Erklärung ist offensichtlich: Die Dichte an Optikern ist in den großen Städten derart groß und der Wettbewerb entsprechend brutal, dass neben dem Preiskampf das Ändern der Schaufensterdekoration zu einem Muss geworden ist, einem absolut notwendigen Instrument des Marketings.

Das Schaufenster hat dabei die Aufgabe, einen Einblick in die Produktwelt des Geschäfts zu geben und dem Passanten zu zeigen, was ihn im Inneren des Geschäfts erwartet. Entscheidend ist vor allem, Aufmerksamkeit zu erzeugen, Bedarf zu wecken und eine Geschichte zu erzählen.



Ein potenzieller Kunde erfasst ein Schaufenster nur für 2 Se­kun­den, schafft dieses in dies­er Zeit nicht, sei­ne Auf­merk­sam­keit auf die Wa­ren zu zie­hen, geht der Passant wei­ter. Das lässt sich durch eine pro­fes­sio­nel­le Schau­fens­ter­de­ko­ra­tion ent­schei­dend ver­bes­sern. Ei­ne an­spre­chen­de Wa­ren­prä­sen­ta­tion und der Ein­satz von Blick­fän­gen ist die Vo­raus­set­zung für ein schö­nes Schaufenster.

Wer möglichst viele Passanten ansprechen möchte, sollte auf eine gute Fern- und Nahwirkung achten. Mit einfachen Grafiken, kräftigen Farben und starkem Lichteinsatz muss das Schaufenster schon von Weitem aus der Masse herausstechen.


Die Farbe Rot ist eine Aufmerksamkeit erregende, lebhafte und heiße Farbe, die mit Leidenschaft, Energie, Liebe und Wärme assoziiert wird. Es ist unmöglich, nicht hinzusehen.


Fantasie ist gefragt und die Ergebnisse sind manchmal derart erstaunlich, von interessant bis humorvoll, dass die Schaufenster der Opti­ker­geschäfte in meinen Augen fast zu einer sich ständig ändernden Kunstausstellung geworden sind.


Das Schau­fens­ter ist ein wich­ti­ges Wer­be­me­dium, das nach den sel­ben Grund­sät­zen und ähn­li­chen Kri­te­rien ges­tal­tet wird wie Wer­be­pla­kate oder Prospekte.


Eine Schaufensterdekoration darf auch kontrastreich sein, jedoch gilt immer das Motto „weniger ist mehr“. Bei einem zu überladenen Schaufenster wird der Kunde nämlich meist eher nicht dazu verleitet, den Laden auf­zu­suchen, weil das Auge überfordert ist und er sich wieder abwendet.


Manchmal kann die Zusammenstellung der Deko-Elemente äußert schlicht sein und doch ein „Eye catcher“ sein. Wichtig kann es auch sein, dass das Schaufenster offen ist, also den Blick auf das Geschehen im Ver­kaufsraum freigibt. So wird der gesamte Verkaufsraum zum „Schauraum“.


Die Aufmerksamkeit der Passanten kann auch durch bunte Farben und dem „Niedlichkeit“-Effekt erreicht werden. Der Kontext ist ebenso zu berücksichtigen. Viele Faktoren wie die Enge der Straße und die Anzahl weiterer konkurrierender Auslagen tragen dazu bei, ob ein Geschäft „sichtbar“ ist oder nicht.


Weshalb ins­be­son­dere die Schau­fens­ter von Au­gen­op­ti­kern von gro­ßer Krea­ti­vi­tät ges­tal­tet sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Es scheint eine Branche für sich zu sein, die das Gesehen-Werden am meisten benötigt.


Ob­wohl bi­sher mein Kauf­ver­hal­ten da­durch nicht be­ein­flusst wur­de, ha­be ich mir an­ge­wöhnt, bei meinen Strifzügen durch die Stadt mei­ne Auf­merk­sam­keit ver­stärkt und mit groß­em Ver­gnü­gen auf Bril­len­lä­den zu fo­kus­sieren.


Die Verwendung einer Frauenfigur in grüner Kleidung im Schaufenster eines Augenoptikers könnte darauf abzielen, eine emotionale Verbindung zu po­tenziellen Kunden her­zu­stellen. Die Farbe Grün kann für Ge­sund­heit, Na­tur und Wohl­befinden stehen und somit mit den Leistungen eines Au­gen­op­tikers in Ver­bin­dung gebracht werden. Wohl kann die Farbe Gün auch un­na­türlich erscheinen, aber gerade deshalb die Aufmer­ksamkeit auf sich ziehen.


Ich be­ab­sich­ti­ge keineswegs, in die­sem Blog-Bei­trag Wer­bung zu ma­chen, aber das Ge­schäft „Pupille Optik“ möch­te ich den­noch nen­nen, denn es ist für sei­ne krea­ti­ve Schau­fens­ter­kunst be­rühmt. Es ist für mich eine Freu­de, je­des Mal wenn ich am Gärt­ner­platz vor­bei­kom­me, in die­sem La­den neue De­ko­ra­tions­ideen ent­de­cken zu können.


Freilich ist beim Betrach­ten der Schau­fens­ter das Te­ma „Werbung“ für mich ne­ben­säch­lich. Ich er­freue mich le­dig­lich an Ideen und Ges­tal­tun­gen, als wür­de ich ein Kunst­objekt im Mu­se­um be­trach­ten. Wenn mich nicht ir­gend­ein Ges­talt­ele­ment be­son­ders da­rauf hin­weist, be­fas­se ich mich nicht mit der Psy­cho­lo­gie des Ver­kau­fens. Selbst­ver­ständ­lich weiß ich, dass aus ei­ner De­koration mit ei­ner Wer­be­fi­gur eine kom­plet­te, ziel­füh­ren­de Wer­be­ak­tion wird, die das Schau­fens­ter zu ei­nem voll­wer­ti­gen Wer­be­me­dium macht.


Wenn ei­ne derart schö­ne und elegante Frau hier kau­fen wür­de, kann ich das auch tun, das ist die Aus­sa­ge der fol­gen­den Kom­po­sition.

Auch das Durch-den-Kakao-Ziehen berühmter Politiker kann ein Weg sein, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Kaum jemand, der an diesem Geschäft vorbei kommt und nicht wenigstens einen Blick auf diese humorvolle Szene wirft.


Das Schöne an an dieser Art von The­men­spa­zier­gän­gen ist, dass sich nichts wie­der­holt. Die sel­be De­ko­ra­tion bleibt nie lan­ge in ei­nem Schau­fens­ter. Das liegt an der Na­tur von Wer­bung, dass sie im­mer wie­der über­ra­schen muss.


Manchmal ist ein Schau­fens­ter­spa­zier­gang durch Mün­chen – vo­raus­ge­setzt, man hat kei­ne „Shop­ping“-Ab­sich­ten – ge­nau das Rich­ti­ge, um die See­le bau­meln zu lassen.