BAD BAYERNSOIEN
14. Juni 2021
Bad Bayersoien ist eine auf 800 m Höhe liegende kleine Gemeinde (etwa 1200 Einwohner) im oberbayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Sie wurde erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Luftkurort ernannt und später zum Heilbad. Bevor der Ort zur selbstständigen Gemeinde wurde, wurde er bis 1818 vom Kloster Ettal verwaltet.
Wenn man gemächlich mit dem Auto nach Bad Bayersoien kommt und dabei das Glück hat, an einem klaren Tag unterwegs zu sein, da kommt man nicht umhin, festzustellen, dass man durch eine der schönsten Hügellandschaften des Voralpenlandes fährt.
Es war eine der weisesten Entscheidungen des Bayersoiener Gemeinderats, als er 1963 einstimmig beschloss, die Bundesstraße 23 (Garmisch-Augsburg) aus den Ort hinaus zu verlegen. Es war die Zeit, in der die meisten Dörfer hierzulande mit einem autogerechten Ausbau ihrer Dorfstraßen die aus Jahrhunderten ererbten Schönheit ihres Ortsbildes zerstörten. Was im Wege stand, wurde abgerissen, Stadl, Brunnen, Zäune, Vorgärten und Hausbänke. Damit der Verkehr noch lauter, schneller und rücksichtsloser durchrauschen konnte.
Hinterhof
Bayersoien ist diese endgültige Vernichtung erspart geblieben. Wer heute mit wachen Augen in den Ort hineinfährt, dem verschlägt es wohl vor Staunen die Sprache. Ein so schönes wohlerhaltenes Dorf mit mächtigen intakten alten Bauernhäusern mit Brunnen, Gärten, großen Bäumen. Keine hässlichen neonbeleuchteten Fassaden von Bankgebäuden, kein riesengroßes Schaufenster einer Supermarktkette. Die Hauptstraße ist nicht schnurgerade, sondern kurvig, kein Schilderwald, keine trostlosen Peitschenlampen, keine Verkehrsinseln und Parkbuchten verunstalten die Ansicht dieser Straße.
Lüftlmalerei
Der Gemeinde gelang ein Wunder, dass völlig konträr zum damaligen Zeitgeist war: der Rückbau der Dorfstraße. Sie bekam wieder ein Stück ihrer alten Schönheit zurück, indem eine Baumschutzverordnung erlassen wurde, Schilder, Straßenmarkierungen und Peitschenlampen entfernt und Verengungen wiederhergestellt wurden. Viele bürokratische Hürden mussten überwunden werden, die Straßenbaubehörde musste überzeugt werden. Der damalige Bürgermeister Greinwald ließ aber nicht locker.
Das Ergebnis einer solchen politischen Einstellung war, dass Bad Bayersoien den ländlichen Charakter seines Dorfbilds bewahren konnte. Die traditionellen Bauernhöfe sind geblieben und die kleinen urigen Gasthäuser mussten nicht klotzigen Hotels weichen. Der „touristisch-alpine Baustil“ hat nicht überhandgenommen. Eine Zersiedlung des Ortes ist ausgeblieben.
Das katholische Pfarrhaus
Freilich fehlen hier auch die Voraussetzungen für einen Massentourismus „à la Ötztal“. Zu sanft sind die Hänge der umliegenden Berge für einen umfangreichen Skibetrieb. Auch diese Tatsache hat sicher dazu beigetragen, dass der idyllische Charakter des Ortes bewahrt erden konnte.
BUCHEMPFEHLUNG: | |
Rother Wanderführer Pfaffenwinkel: Weilheim - Murnau - Schongau. | |
Der Pfaffenwinkel ist eingebettet in das liebliche bayerische Voralpenland. Der Rother Wanderführer »Pfaffenwinkel« stellt 51 Touren rund um Weilheim, Murnau und Schongau vor. Die Auswahl reicht von gemütlichen Spaziergängen am Seeufer bis zu aussichtsreichen Wanderungen über Höhenrücken. | |
Als ich meinen ersten Spaziergang durch den Ort unternehme, komme ich aus dem Staunen kaum heraus: Das Auf und Ab der Wege, die zahlreichen, nie überdimensionierten typisch bayerischen Wohnhäuser mit ihren blumenbehangenen Balkonen, die kleinen, teils verwilderten Gärten und Hinterhöfe, die auf einer kleinen Erhebung situierte barocke Pfarrkirche, sie geben dem Ort eine Ausstrahlung, die mich gefangen nimmt.
Die katholische Pfarrkirche St. Georg liegt im historischen Ortskern von Bad Bayersoien, aber etwas zurückgesetzt von der Dorfstraße auf einem wenige Meter hohen Hügel. Während des 15. oder 16. Jahrhunderts entstand sie als ein spätgotischer Neubau, der ab 1717 in barocken Formen umgebaut und erweitert wurde.
Die Pfarrkirche St. Georg
Etwa 200 Meter nördlich der Pfarrkirche auf dem Südende des Eckbichels, eines etwa 20 Meter hohen Moränenhügels nördlich des Ortszentrums, befindet sich die Kriegergedächtniskapelle. Die Kapelle wurde 1925 zum Gedenken an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Einwohner von Bad Bayersoien errichtet. Als Vorbild diente eine Loretokapelle bei Arras in Frankreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden weitere Tafeln mit den Namen der in diesem Krieg Gefallenen ergänzt. Ein steiler, kurzer Weg mit Holzstufen führt zu der Kapelle hinauf.
Die Kriegergedächtniskapelle
In dem überkuppelten Innenraum zeigt ein Deckenfresko in der Mitte die Muttergottes und am Rand Szenen, die mit dem Krieg im Zusammenhang stehen. Die seitlichen Wände haben je ein Farbglasfenster, die die Motive „Abschied“ und „Wiederkehr“ darstellen. Das Altarbild zeigt das Martyrium des heiligen Sebastian.
Deckenfresco der Kriegergedächtniskapelle
Von dem von einer niedrigen Mauer umgebenen Vorplatz der Kapelle aus hat man einen herrlichen Ausblick auf den Ort und den Bayersoiener See. Malerisch und verträumt liegt der See unverbaut am Ortsrand.
Blick vom Eckbichl auf den Bayersoiener See
An der Ecke Kirmesauer Straße/ Köchelstraße am Rande des Kurparks befindet sich der Sonnenuhrpark mit einer Reihe von wunderschönen, künstlerisch sehr anspruchsvollen Sonnenuhren, die vom Steinmetz Karl Kunert aus Bad Bayersoien entworfen und erstellt wurden. Im Winter 2008, als der Steinmetz etwas weniger Arbeit hatte, hatte er sich erstmals daran gemacht, eine Sonnenuhr zu fertigen.
Sonnenuhr „Wagenrad“
In den folgenden Wintern kamen weitere dazu und nun stehen im kleinen Sonnenuhrpark bereits sechs sehr unterschiedliche Exemplare.
Sonnenuhr „Sonnenspinne“
Sonnenuhr „Globus“
Der etwa 20 ha große See ist eindeutig der Höhepunkt eines jeden Besuchs in Bad Bayersoien. Allein die herrliche Natur- und Landschaftskulisse inmitten der Ammergauer Alpen macht ihn zu einem sehenswerten Ziel. Die Tatsache, dass er als einer der wärmsten Badeseen Südbayerns gilt, ist ein weiterer Pluspunkt für Erholungssuchende.
Landschaft um den See
Der gut ausgebaute, 2,5 Kilometer lange Rundweg um den See ist der „sportliche“ Teil meines Ausflugs. Ideal für einen gemütlichen Nachmittagsspaziergang in schöner Landschaft ohne besondere Anforderungen an die eigene Kondition.
Birkenwäldchen am Westufer
Der Weg verläuft teilweise durch schattige kleine Wäldchen, meistens aber in offener Landschaft unter der (heute glücklicherweise klar scheinenden) Sonne.
Schilf am Nordufer
Der gut für Kinderwagen geeignete See-Rundweg bietet mehr als nur Sehen und Spazieren. Sehr informativ ist beispielsweise der Vogellehrpfad. Außerdem erstreckt sich entlang des Rundwegs über 1,8 km ein Barfußpfad mit vielen Überraschungen. Von Balancier-, Wassertret- und Baumstumpfwege über eine Fühlstrecke verschiedener Naturmaterialien bis hin zu einem Moortretbecken bietet dieser Barfußpfad abwechslungsreiche Anregungen, einen Weg einmal anders zu gehen und zu sehen.
Der Baumstumpfweg
Ein Bretterlweg führt direkt hinein ins Moor zu einer Plattform, die umgeben ist von einer Vielzahl von Pflanzen, die typisch für Hochmoore sind.
BUCHEMPFEHLUNG: | |
Naturwunder Bayerische Alpen | |
Der neue Alpen-Bildband von Bernd Römmelt zeigt erstmals die kompletten Bayerischen Alpen in außergewöhnlichen, noch nie gesehenen Ansichten: Die Gebirgszüge stellen sich hier als wilder, unerschlossener Naturraum in überraschender Unberührtheit dar. | |
Ich habe Glück gehabt: Im späten Frühling und im Frühsommer sind die Wiesen ein Fest fürs Auge. Die hohe Artenvielfalt lässt sie in allen Farben erblühen.
Das Gebiet um den See ist Teil des Landschaftsschutzgebietes „Inschutznahme des Soiener Sees und seiner Umgebung“, das auch die Landschaft einschließt, die durch seine starke Verlandung entstanden ist, sowie dem FFH-Gebiet „Moränenlandschaft zwischen Staffelsee und Baiersoien“. FFH-Gebiete sind Europäische Schutzgebiete für Natur und Landschaft. Durch den Schutz ausgewählter Pflanzen- und Tierarten sowie deren Lebensräume soll der Artenschwund in unserer Kulturlandschaft gestoppt und die Vernetzung der Lebensräume erhalten werden.
Natterwurz-Wiese
Diese Wiesen um den See sind von einer sehr großen Artenvielfalt ausgezeichnet. Damit seltene Gewächse wie Enziane, Orchideen oder Schwertlilien sich wohlfühlen und auch für Nachwuchs sorgen können, darf erst spät im Jahr das erste Mal gemäht werden.
Natterwurz
Kleiner Klappertopf
Schwertlilie
Wollgras
Alpen Akelei
Am Südufer des Moorsees befinden sich ein Spielplatz und eine große Liegewiese, auf der man sich gemütlich ausbreiten kann. Es besteht außerdem die Möglichkeit, sich ein Boot auszuleihen oder zu baden. Ein gemütliches Fleckchen Bayern"
Gleich daneben befindet sich das „Fischerhäusl&ldqo;, ein Kiosk mit einigen Sitzgelegenheiten direkt am See. Angeboten werden hausgemachte Suppen, Eintöpfe, die klassischen bayerischen Wurst- und Leberkäsespezialitäten, ein traditionelles bayerisches Tagesgericht sowie hausgemachten Kuchen.
Am Fischerhäusl
Spätestens nach der zweiten Seeumrundung habe ich mir eine deftige Brotzeit verdient.
Weil der Kiosk bis 19 Uhr offen ist, sitze ich lange auf der kleinen Terrasse, um die Magie des Sees im späen Nachmittagslicht zu genießen. Es ist der Höhepunkt dieses Tages. Zumal es zu dieser Tageszeit still geworden ist.
BUCHTIPP:
Was blüht denn da? (Kosmos-Naturführer)
Seit 1935 ist „Was blüht denn da?“ das populärste Pflanzenbestimmungsbuch. Die Grundidee ist so einfach: Blühende Pflanzen fallen vor allem durch ihre Farbe auf. Was liegt also näher, als Blumen nach der Farbe ihrer Blüten zu bestimmen? Jetzt präsentiert sich „Was blüht denn da?“ im neuen, frischen Gewand und wartet mit komplett aktualisiertem Inhalt und vielen Detailabbildungen auf.