MÜNCHNER  SPAZIERGÄNGE

STAND: JANUAR 2024


LANDSCHAFTSPARK HACHINGER TAL


18. JUNI 2020

Mich zieht es nur sehr selten in die Gemeinden süd­lich von München, die zwischen Perlach und dem Auto­bahn­kreuz München Süd liegen. Aus den ehe­maligen Bauerndörfern ist im Laufe des 20. Jahr­hun­derts ein unattraktiver Siedlungs­brei ge­wor­den, der aus einer Mischung aus ge­sichts­lo­sen Wohn­ge­bie­ten und tristen Ge­wer­be­gebieten besteht. Was nicht heißen soll, dass man auch dort nicht Se­hens­wertes, bzw Erle­bens­wer­tes finden kann. So hat mich ein guter Freund im vergangenen Winter auf einen Landschaftspark aufmerksam gemacht, der – insbesondere in der warmen Jahreszeit – eine große Anziehungskraft ausübt.



Der Landschaftspark Hachinger Tal ist ein rund 126 Hektar großer Landschaftspark im Ver­wal­tungs­gebiet Neubiberg, Ottobrunn  und Un­ter­ha­ching  im Süden von München. Er entstand auf dem Gelände des ehe­maligen Fliegerhorsts Neubiberg.

Man erreicht ihn am besten per S-Bahn. Vom Ma­rien­platz  nimmt man die S4 (Richtung Ebersberg), steigt in München Ost  um in die S3 (Rich­tung Holz­kirchen) und fährt dann bis Unterha­ching. Von dort ist der Park etwa ein Kilometer entfernt.

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Falls man mit dem Auto kommen möchte, kann man sich vom Navi zum „Neubiberger Friedhof“ lotsen lassen, wo man für zwei Stunden parken kann. Von da tritt man in den Park an seinem öst­lichen Ende ein. Der in­te­ressantere Teil des Parks liegt allerdings in Unterhaching, wo es einige Park­plätze an der Hachinger Haid gibt. Vor den Park­plätzen von Aldi und Lidl sei gewarnt. Man sollte sich unbedingt an die Höchst­parkzeiten halten und die Park­scheibe verwenden.

Angelegt wurde der Landschaftspark im Jahr 2001. Nach knapp zwanzig Jahren ist die 126 Hektar gro­ße Flä­che rund um die alte Rollbahn als Nah­er­ho­lungs­gebiet kaum noch wegzudenken. Ob Jogger, Radfahrer, Hun­de­besit­zer, Inline-Skater oder Kite-Surfer – alle lieben den Park.

Die breite und mächtige Start-/Landebahn, die die Mittelachse des Parks bildet, blieb erhalten und dient heu­te als Rad-, Fuß-, Skateweg und große Spielfläche, die sehr intensiv von der Bevölkerung in Anspruch ge­nom­men wird. Weitere Freizeit­ein­rich­tungen sind ein Fun-Park, Beachvolley- und Fußballplätze sowie ein Was­ser­spiel­platz am Ha­chinger Bach. Die restliche Fläche ist für die Natur reserviert.

Das gibt es sonst nirgendwo in München: Zwei Kilometer glatten Asphalt ohne eine einzige Kurve! Hier steht die Rollbahn des einstigen Flugplatzes den Freizeitsportlern zur Verfügung. Auf einer Breite von 35 Metern können sich Skater austoben. Der Untergrund ist glatt und deshalb auch für schnelle Skate-Sprints geeignet. Aber auch Radfahrer und E-Roller tummeln sich auf der Piste.

Besonders beeindruckend sind hier die Weite der Landschaft und der freie Blick auf den Himmel – ich nenne es „Big sky!“ –, die man sonst wohl so nah an München kaum mehr erleben kann. Bei klarem Wet­ter hat man einen großartigen Blick auf die Alpen, die zum Greifen nahe erscheinen.

Nicht umsonst üben hier Paraglider ihre Starts und Landungen. Kite-Surfer sind ebenfalls auf dem ehe­ma­ligen Flugplatz anzutreffen, denn nicht sel­ten weht ein kräftiger Wind über die offene Landschaft.

Wenn man auf der Bundesautobahn 8 (München–Salzburg) in Richtung Süden fährt, führt ein 327 Meter langer Tunnel auf der Höhe der Gemeinde Neubiberg unter der ehemaligen Piste des Flie­ger­hors­tes, also exakt unter des heutigen Land­schafts­parks hindurch.

Beach-Volleyball

Als am 31. Dezember 1997 der Flugbetrieb end­gül­tig eingestellt wurde, weckte das frei­ge­wor­dene Areal große Begehrlichkeiten. BMW wollte dort eine Teststrecke bauen. Und auch wei­tere „Investoren“ – inzwischen ist diese Be­zeich­nung fast zum Schimpf­wort geworden – kamen mit zahlreichen Nut­zungs­ideen. Die Gemein­de Unterhaching, die im selben Jahr einen Groß­teil des aufgelassenen Flugplatzes Neu­bi­berg/Unterhaching mit rund 126 Hektar Land erworben hatte, lehnte jedoch alle Anträge ab. Ihre Vision war klar: ein langfristig über­örtlich be­deut­samer Park mit Frei­zeit­ein­rich­tungen und Erho­lungs­mög­lichkeiten, der gleich­zeitig auch Flä­chen zum Schutz der Natur enthalten sollte.

Koenigskerze

Das Gelände beinhaltet eine Restfläche der eins­tigen „Perlacher Haid“, einer durch langjährige Be­weidung entstandene weitläufige Grasheide. Die Wiesen wurden zu artenreichen Magerwiesen, stellenweise auch zu Magerrasen ent­wickelt. Auf diesen Flächen, die zeitweise nicht betreten werden dürfen, kommen Arten vor, die auf der Roten Liste bedrohter Tierarten stehen, wie z. B. Feldlerche, Wachtel, Idas-Bläuling und Him­mel­blau­er Bläuling. In den Rand­bereichen wurden Gebüsche gepflanzt, die als Brut­platz für Neun­töter, Gelb­spöt­ter und Dorn­grasmücke dienen.

Zottiger Klappertopf / Feldnelke

Artenreiche, mäßig feuchte Glatthaferwiesen beherrschen derzeit das Bild im Landschaftspark. Stellenweise, insbesondere an Böschungen und Bunkern, konnten sich bereits magerrasenartige Wiesenbestände ent­wickeln. Die Flora der beiden Wiesentypen im Landschaftspark enthält heute schon über 250 verschiedene Pflan­zenarten.

Wiesensalbei


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Kornblume

Damit die Weite des Geländes noch spürbarer wird, wurden geometrische Erdhügel aufgeschüttet. Sie steigen nur leicht an einer Seite bis zu einer ge­ra­den Kante an und fallen dann steil ab. Steht man davor, wird der Ho­ri­zont angehoben, die Ge­bäu­de dahinter werden niedriger, manche verschwinden hinter den neuen Ho­ri­zon­ten. Steht man oben, hat man eine wunderbare Ge­samt­an­sicht des Terrains.

Aufgeschütteter Hügel

Der Hachinger Bach, der das Gelände im Westen durchfließt, wurde renaturiert und ein Auwald angepflanzt. Stege am Bach ziehen an warmen Tagen Er­ho­lungs­suc­hende an.

Der Hachinger Bach

Westlich der Autobahn wurden Streuobstwiesen angelegt. Interessant ist, dass die Bürger von Unter­haching in die Ge­stal­tung und Pflege des Land­schafts­parks einbezogen werden. So gibt es u. a. einen „Arbeits­kreis Obst­wiese“, in dem die Bür­gerinnen und Bürger ehren­amtlich die Pflanzung und Pflege der Obstwiese übernehmen können.

Streuobstwiesen

Auf der sogenannten Hundemeile am Nordrand des Parks dürfen Hunde frei laufen (kein Lei­nen­zwang!), auf dem restlichen Gelände müssen sie an der Leine geführt werden. Die Hundemeile  verläuft exakt entlang des Zaunes, der den Landschaftspark über seine gesamte Länge vom lang gestreckten Gelände der Bundeswehr-Universität trennt.

Die Hundemeile

An der Hundemeile befinden sich Stationen mit Hundekotbeuteln, die man an der Stelle auch entsorgen kann. Im Frühling bleiben den Hunden allerdings nur noch 5 Meter Spielraum, da sie sich vom Bodenbrüterbereich fernhalten müssen. Die Wiesen werden von Landwirten zweimal jährlich gemäht und das Heu zur Tier­füt­te­rung verwendet. Mit Hundekot verunreinigtes Heu führt bei den Tieren zu Krankheiten.

Big sky

Für Geschichtsinteressierte: Der Fliegerhorst wurde im Oktober 1933 auf dem ursprünglich land­wirt­schaft­lichen Gebiet errichtet. Er bekam zu­nächst einen zivilen Tarn­namen, da laut Versailler Vertrag  dem Deutschen Reich eine Luft­waffe ver­bo­ten war. Am 1. Juli 1934 begann der Flug­betrieb. Er diente haupt­säch­lich zur Aus­bildung von Piloten. Zwischen 1945 und 1958 diente der Flug­ha­fen als US-Airbase. In dieser Zeit wurde die Start- und Lan­debahn verlängert. Am 5. Mai 1958 übergab die US-Airforce den Flieger­horst an die Luft­waffe der deutschen Bundeswehr.

Drei große Antennen der Bundeswehr-Universität

1965 wurde der militärische Flugbetrieb in Neu­bi­berg eingestellt, al­ler­dings ließ sich 1967 auf dem Gelände der Flie­ger­club München  nieder. Der enorm gewachsene Fluglärm führte am 5. April 1968 zur ersten Pro­test­ver­sammlung in Unter­haching. Die Proteste sollten noch fast 30 Jahre andauern. Im Jahr 1991 ent­schieden die Bür­ger­meister der drei Gemein­den Unter­haching, Neu­biberg und Otto­brunn (Walter Paetzmann, Josef Schneider und Prof. Dr. Sabine Kudera), dass hier ein natur­nahes Erho­lungs­gebiet entstehen sollte. Auch der an­dauernde Wider­stand der Sportflieger konnte nicht verhindern, dass letztlich die Gemeinde Unterhaching 1997 das Gelände für etwa 15,5 Millionen DM kaufte.

Und noch eine Karte des Landschaftsparks (Wikipedia) .


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