LANDSCHAFTSPARK HACHINGER TAL
18. JUNI 2020
Mich zieht es nur sehr selten in die Gemeinden südlich von München, die zwischen Perlach und dem Autobahnkreuz München Süd liegen. Aus den ehemaligen Bauerndörfern ist im Laufe des 20. Jahrhunderts ein unattraktiver Siedlungsbrei geworden, der aus einer Mischung aus gesichtslosen Wohngebieten und tristen Gewerbegebieten besteht. Was nicht heißen soll, dass man auch dort nicht Sehenswertes, bzw Erlebenswertes finden kann. So hat mich ein guter Freund im vergangenen Winter auf einen Landschaftspark aufmerksam gemacht, der – insbesondere in der warmen Jahreszeit – eine große Anziehungskraft ausübt.
Der Landschaftspark Hachinger Tal ist ein rund 126 Hektar großer Landschaftspark im Verwaltungsgebiet Neubiberg, Ottobrunn und Unterhaching im Süden von München. Er entstand auf dem Gelände des ehemaligen Fliegerhorsts Neubiberg.
Man erreicht ihn am besten per S-Bahn. Vom Marienplatz nimmt man die S4 (Richtung Ebersberg), steigt in München Ost um in die S3 (Richtung Holzkirchen) und fährt dann bis Unterhaching. Von dort ist der Park etwa ein Kilometer entfernt.
Falls man mit dem Auto kommen möchte, kann man sich vom Navi zum „Neubiberger Friedhof“ lotsen lassen, wo man für zwei Stunden parken kann. Von da tritt man in den Park an seinem östlichen Ende ein. Der interessantere Teil des Parks liegt allerdings in Unterhaching, wo es einige Parkplätze an der Hachinger Haid gibt. Vor den Parkplätzen von Aldi und Lidl sei gewarnt. Man sollte sich unbedingt an die Höchstparkzeiten halten und die Parkscheibe verwenden.
Angelegt wurde der Landschaftspark im Jahr 2001. Nach knapp zwanzig Jahren ist die 126 Hektar große Fläche rund um die alte Rollbahn als Naherholungsgebiet kaum noch wegzudenken. Ob Jogger, Radfahrer, Hundebesitzer, Inline-Skater oder Kite-Surfer – alle lieben den Park.
Die breite und mächtige Start-/Landebahn, die die Mittelachse des Parks bildet, blieb erhalten und dient heute als Rad-, Fuß-, Skateweg und große Spielfläche, die sehr intensiv von der Bevölkerung in Anspruch genommen wird. Weitere Freizeiteinrichtungen sind ein Fun-Park, Beachvolley- und Fußballplätze sowie ein Wasserspielplatz am Hachinger Bach. Die restliche Fläche ist für die Natur reserviert.
Das gibt es sonst nirgendwo in München: Zwei Kilometer glatten Asphalt ohne eine einzige Kurve! Hier steht die Rollbahn des einstigen Flugplatzes den Freizeitsportlern zur Verfügung. Auf einer Breite von 35 Metern können sich Skater austoben. Der Untergrund ist glatt und deshalb auch für schnelle Skate-Sprints geeignet. Aber auch Radfahrer und E-Roller tummeln sich auf der Piste.
Besonders beeindruckend sind hier die Weite der Landschaft und der freie Blick auf den Himmel – ich nenne es „Big sky!“ –, die man sonst wohl so nah an München kaum mehr erleben kann. Bei klarem Wetter hat man einen großartigen Blick auf die Alpen, die zum Greifen nahe erscheinen.
Nicht umsonst üben hier Paraglider ihre Starts und Landungen. Kite-Surfer sind ebenfalls auf dem ehemaligen Flugplatz anzutreffen, denn nicht selten weht ein kräftiger Wind über die offene Landschaft.
Wenn man auf der Bundesautobahn 8 (München–Salzburg) in Richtung Süden fährt, führt ein 327 Meter langer Tunnel auf der Höhe der Gemeinde Neubiberg unter der ehemaligen Piste des Fliegerhorstes, also exakt unter des heutigen Landschaftsparks hindurch.
Beach-Volleyball
Als am 31. Dezember 1997 der Flugbetrieb endgültig eingestellt wurde, weckte das freigewordene Areal große Begehrlichkeiten. BMW wollte dort eine Teststrecke bauen. Und auch weitere „Investoren“ – inzwischen ist diese Bezeichnung fast zum Schimpfwort geworden – kamen mit zahlreichen Nutzungsideen. Die Gemeinde Unterhaching, die im selben Jahr einen Großteil des aufgelassenen Flugplatzes Neubiberg/Unterhaching mit rund 126 Hektar Land erworben hatte, lehnte jedoch alle Anträge ab. Ihre Vision war klar: ein langfristig überörtlich bedeutsamer Park mit Freizeiteinrichtungen und Erholungsmöglichkeiten, der gleichzeitig auch Flächen zum Schutz der Natur enthalten sollte.
Koenigskerze
Das Gelände beinhaltet eine Restfläche der einstigen „Perlacher Haid“, einer durch langjährige Beweidung entstandene weitläufige Grasheide. Die Wiesen wurden zu artenreichen Magerwiesen, stellenweise auch zu Magerrasen entwickelt. Auf diesen Flächen, die zeitweise nicht betreten werden dürfen, kommen Arten vor, die auf der Roten Liste bedrohter Tierarten stehen, wie z. B. Feldlerche, Wachtel, Idas-Bläuling und Himmelblauer Bläuling. In den Randbereichen wurden Gebüsche gepflanzt, die als Brutplatz für Neuntöter, Gelbspötter und Dorngrasmücke dienen.
Zottiger Klappertopf / Feldnelke
Artenreiche, mäßig feuchte Glatthaferwiesen beherrschen derzeit das Bild im Landschaftspark. Stellenweise, insbesondere an Böschungen und Bunkern, konnten sich bereits magerrasenartige Wiesenbestände entwickeln. Die Flora der beiden Wiesentypen im Landschaftspark enthält heute schon über 250 verschiedene Pflanzenarten.
Wiesensalbei
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Kornblume
Damit die Weite des Geländes noch spürbarer wird, wurden geometrische Erdhügel aufgeschüttet. Sie steigen nur leicht an einer Seite bis zu einer geraden Kante an und fallen dann steil ab. Steht man davor, wird der Horizont angehoben, die Gebäude dahinter werden niedriger, manche verschwinden hinter den neuen Horizonten. Steht man oben, hat man eine wunderbare Gesamtansicht des Terrains.
Aufgeschütteter Hügel
Der Hachinger Bach, der das Gelände im Westen durchfließt, wurde renaturiert und ein Auwald angepflanzt. Stege am Bach ziehen an warmen Tagen Erholungssuchende an.
Der Hachinger Bach
Westlich der Autobahn wurden Streuobstwiesen angelegt. Interessant ist, dass die Bürger von Unterhaching in die Gestaltung und Pflege des Landschaftsparks einbezogen werden. So gibt es u. a. einen „Arbeitskreis Obstwiese“, in dem die Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich die Pflanzung und Pflege der Obstwiese übernehmen können.
Streuobstwiesen
Auf der sogenannten Hundemeile am Nordrand des Parks dürfen Hunde frei laufen (kein Leinenzwang!), auf dem restlichen Gelände müssen sie an der Leine geführt werden. Die Hundemeile verläuft exakt entlang des Zaunes, der den Landschaftspark über seine gesamte Länge vom lang gestreckten Gelände der Bundeswehr-Universität trennt.
Die Hundemeile
An der Hundemeile befinden sich Stationen mit Hundekotbeuteln, die man an der Stelle auch entsorgen kann. Im Frühling bleiben den Hunden allerdings nur noch 5 Meter Spielraum, da sie sich vom Bodenbrüterbereich fernhalten müssen. Die Wiesen werden von Landwirten zweimal jährlich gemäht und das Heu zur Tierfütterung verwendet. Mit Hundekot verunreinigtes Heu führt bei den Tieren zu Krankheiten.
„Big sky“
Für Geschichtsinteressierte: Der Fliegerhorst wurde im Oktober 1933 auf dem ursprünglich landwirtschaftlichen Gebiet errichtet. Er bekam zunächst einen zivilen Tarnnamen, da laut Versailler Vertrag dem Deutschen Reich eine Luftwaffe verboten war. Am 1. Juli 1934 begann der Flugbetrieb. Er diente hauptsächlich zur Ausbildung von Piloten. Zwischen 1945 und 1958 diente der Flughafen als US-Airbase. In dieser Zeit wurde die Start- und Landebahn verlängert. Am 5. Mai 1958 übergab die US-Airforce den Fliegerhorst an die Luftwaffe der deutschen Bundeswehr.
Drei große Antennen der Bundeswehr-Universität
1965 wurde der militärische Flugbetrieb in Neubiberg eingestellt, allerdings ließ sich 1967 auf dem Gelände der Fliegerclub München nieder. Der enorm gewachsene Fluglärm führte am 5. April 1968 zur ersten Protestversammlung in Unterhaching. Die Proteste sollten noch fast 30 Jahre andauern. Im Jahr 1991 entschieden die Bürgermeister der drei Gemeinden Unterhaching, Neubiberg und Ottobrunn (Walter Paetzmann, Josef Schneider und Prof. Dr. Sabine Kudera), dass hier ein naturnahes Erholungsgebiet entstehen sollte. Auch der andauernde Widerstand der Sportflieger konnte nicht verhindern, dass letztlich die Gemeinde Unterhaching 1997 das Gelände für etwa 15,5 Millionen DM kaufte.
Und noch eine Karte des Landschaftsparks (Wikipedia) .
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