MAXIMILIANANLAGEN AN DER ISAR
17. Januar 2020: Mein Spaziergang beginnt an einem strahlenden Wintertag auf der Mariannenbrücke im Lehel, die sich exakt gegenüber der evangelisch-lutherischen Lukaskirche befindet. Sie führt über die Große Isar, den kanalisierten linken Seitenarm der Isar .
Blick von der Mariannenbrücke auf die Große Isar
Die 1888 errichtete Mariannenbrücke ist eine herrliche Aussichtsbrücke, die zum Verweilen einlädt. An diesem klaren Winterwochentag hält sich der Radfahrerverkehr in Grenzen. Die majestätische, in dieser Jahreszeit laublose Trauerweide auf der Praterinsel besticht durch ihre braungelb leuchtenden Ästen, und die in der Ferne zu erblickenden repräsentativen Neorenaissance- und Jugendstil-Fassaden der Gründerzeit an der Steinsdorfstraße lassen ein Bild entstehen, das vor hundert Jahren nicht viel anders ausgesehen haben mag. Wäre da nicht der Straßenverkehr, dessen Geräuschkulisse bis hierher dringt, könnte man glauben, die Zeit wäre stillgestanden. Immerhin: Zum Glück wurde der Münchner Stadtentwicklungsplan von 1963 der für das Isarufer eine mehrspurige Schnellstraße vorgesehen hatte, niemals umgesetzt!
Auf den Kieselstein-Isarinseln
Auf den Isarinseln, unterhalb des Kabelstegs, zeigt sich München von seiner entspannten Seite. Wo sich an Sommerwochenenden die Sonnenanbeter gegenseitig auf die Füße treten, herrscht heute Leere und Stille. Auf der Kiesbank sitzen vereinzelt Menschen, die dem Spruch des als „ Isarindianer “ bekannten Münchner Originals Willy Michl folgen: „Der Fluss ist die beste Medizin“ . Ein sportlich aussehender Mann in Badehose wagt sich (für wenige Minuten) ins eisige Wasser. Eine tolle Stimmung! Willy Michls Song „Isarflimmern“ besitzt inzwischen nicht nur in Bayern Kultstatus.
In da Sommasonna
auf dem weißen Kies,
i sog eich des is,
des Isarflimmern
mitten im Paradies!
Auf dem Kabelsteg (im Hintergrund die Maximiliansbrücke )
Der sogenannte „Kabelsteg“ ist die Fortsetzung der Mariannenbrücke und führt (über die Kleine Isar) zum Ostufer. Das Jugendstilbauwerk aus Eisenbeton mit zwei weiten, flachen Bögen (nach einem Entwurf der städtischen Baubeamten Adolf Schwieling und Aquilin Altmann) wurde 1898 erbaut. Der unter Denkmalschutz stehende Kabelsteg konnte das Hochwasser vom 14. September 1899, dem die Luitpoldbrücke und die Max-Joseph-Brücke zum Opfer fielen, unversehrt überstehen. Der Kabelsteg sticht auch durch die schönen Jugendstilgeländer hervor, die auf der Brücke als Eisengeländer ausgeführt wurden. Der Name leitet sich ab von der früheren Nutzung als Übergang für die Wasser- und die Elektrizitätsversorgung vom Muffatwerk über die Isar.
Der Auer Mühlbach vor den Maximiliansanlagen
Nach dem Kabelsteg geht es, an einem kleinen Spielplatz vorbei, am Meilerweg weiter in Richtung Norden. Ich gehe den Weg direkt an der Isar entlang. Rechts von mir die Maximiliansanlagen, die Park- und Gartenanlagen am rechten Isarhochufer zwischen der Ludwigsbrücke und der Max-Joseph-Brücke . Hier ist auch in der warmen Jahreszeit wenig los, ein Rätsel, denn die Parkanlage ist nicht weniger schön als ähnliche Areale im Englischen Garten.
Ich komme bald zu einem Steg, der parallel zum Lauf des Auer Mühlbachs verläuft. Vor meinen Augen die eleganten Ziegelmauerwerk-Bögen der Maximiliansbrücke.
Steg zwischen der "Kleinen Isar " und dem Auer Mühlbach
Der Auer Mühlbach ist ein etwa sieben Kilometer langer, aus Isarwasser gespeister Münchner Stadtbach. Es ist ein Trauerspiel, was Stadtplaner und Politiker in früheren Zeiten mit den Münchner Stadtbächen angestellt haben. Zugeschüttet, in Betonrinnen geleitet, in enge Kanalbetten gezwängt, unter Beton vergraben. Erst in letzter Zeit hat man versucht, das Verlorene zurückzuholen. Der Auer Mühlbach, der an vielen Stellen wieder freigelegt worden ist, ist ein gelungenes Beispiel dafür. Von der Marienklausenbrücke fließt er unterhalb von Harlaching durch Giesing, durch die Au bis hin zur Praterinsel, wo er wieder in die Isar eingeleitet wird. Kurz davor wird der Bach unterirdisch zur Energiegewinnung in das kleine Kraftwerk Maxwerk geführt.
Das Maximilaneum
Weiter geht es am Maximilianeum vorbei, das von 1857 bis 1874 im Auftrag von Maximilian II. König von Bayern erbaut wurde und seit 1949 Sitz des Bayerischen Landtags ist. Das Gebäude, das im Stil der Renaissance mit Rundbögen, Säulen, Mosaiken und büstengefüllten Nischen gestaltet wurde, gilt als „Nationalvbau “ des Monarchen. Es sollte u. a. eine Stiftung für Hochbegabte beherbergen, die allen Landeskindern ohne Rücksicht auf ihre Herkunft offenstand. Seit 1949 ist das bayerische Parlament Gast im Haus der Stiftung Maximilianeum .
Das Maxwerk 1899 und heute
Immer noch am rechten Isarufer bleibend, knapp unterhalb der Maximiliansbrücke, komme ich zum Maximilianswerk (Maxwerk ), einem Flusskraftwerk, das vom Auer Mühlbach gespeist wird. Das 1895 in Betrieb gegangene Maximilianswerk gehört zu den ältesten noch in Betrieb befindlichen Wasserkraftwerke Bayerns. Um es in der Nähe des Maximilianeums nicht unangenehm auffallen zu lassen, wurde es im Stil eines barocken Jagdschlösschens gebaut. Heute ist es völlig von Graffiti verschandelt.
Bis in die 1970er war die Wohnung im Obergeschoss des Kraftwerks noch bewohnt. Heute sind in den Räumlichkeiten die Ateliers eines Malers und einer Kostümbildnerin untergebracht. Anfang 2017 hatte die Augustiner-Brauerei ihre Pläne für ein Lokal mit etwa 430 Plätzen vorgelegt, knapp 200 davon auf der Terrasse. Später zeigte sich die Brauerei bereit, die Anzahl der Plätze zu reduzieren. Doch dieser Plan stieß auf vehementen Widerstand des Bezirksausschusses Au/Haidhausen. So wurde das Projekt aufgegeben. Immerhin laufen, so die Stadtwerke München, „konkrete Planungen für eine denkmalschutzkonforme Sanierung der Fassade “. Im Frühjahr 2020 soll damit begonnen werden.
Wandmalerei in der Unterführung am Friedensengel
In der Passage unter der Luitpoldbrücke (am Friedensengel) wurden auch Wände gesprayt, nur handelt es sich hier nicht um die üblichen Schmierereien. Bereits in den 70er Jahren gab es Street Art in München, wenn auch nicht in dem Umfang wie in Städten wie Berlin. Mittlerweile ist es auch nicht immer illegal, Kunstwerke zu setzen. Das Kulturreferat unterstützt Künstler und bietet ihnen eine Plattform für Straßenkunst . Die Arbeiten des deutschen Sprayers mit dem Pseudonym „Loomit “ sind in China, Südamerika, der Ukraine und in vielen Ländern Europas und den USA zu sehen. In München hat er, zusammen mit weiteren internationalen Künstlern, die Fußgänger- und Fahrrad-Unterführung am Friedensengel gestaltet.
Messstation der Münchner Wasserwerke
Weiter geht es am rechten Isarufer entlang, vorbei an einem merkwürdigen, ebenso mit Street-Art bemalten Kabäuschen. Ich vermute, dass von all den Joggern und Radfahrern, die an dieser Stelle vorbeiflitzen, kaum einer weiß, um was es sich handelt. So frage ich einen sportlich-adrett gekleideten älteren Spaziergänger zunächst, ob er ein Münchner ist. Er ist es! Dann erst stelle ich die eigentliche Frage. Er gehe hier seit zwanzig Jahren regelmäßig spazieren, und selbstverständlich wisse er, um was es sich bei dem direkt am Ufer stehenden Gebäude handele: Es ist eine Messstation der Münchner Wasserwerke!
Die Maximiliansanlagen kurz vor der Max-Joseph-Brücke
Mein Spaziergang geht seinem Ende zu. Das Spätnachmittagslicht taucht das Wäldchen der Maximiliansanlagen in ein zauberhaftes Licht. Die Max-Joseph-Brücke ist mein Ziel. An der Montgelasstraße fahren die Busse vorbei, die mich zurück nach Schwabing bringen.