MÜNCHNER  SPAZIERGÄNGE

STAND: JULI 2021


MAXIMILIANANLAGEN AN DER ISAR


17. Januar 2020:  Mein Spa­zier­gang be­ginnt an ei­nem strah­len­den Win­ter­tag auf der Ma­rian­nen­brü­cke  im Le­hel, die sich exakt ge­gen­über der evan­ge­lisch-lu­the­ri­schen Lu­kas­kir­che  be­fin­det. Sie führt über die Gro­ße Isar, den ka­na­li­sier­ten lin­ken Sei­ten­arm der Isar .

Blick von der Mariannenbrücke  auf die Große Isar 

Die 1888 errichtete Ma­rian­nen­brü­cke  ist ei­ne herr­li­che Aus­sichts­brü­cke, die zum Ver­wei­len ein­lädt. An die­sem kla­ren Win­ter­wo­chen­tag hält sich der Rad­fah­rer­ver­kehr in Gren­zen. Die ma­jes­tä­ti­sche, in die­ser Jah­res­zeit laub­lo­se Trau­er­wei­de auf der Pra­ter­in­sel  be­sticht durch ihre braun­gelb leuch­ten­den Äs­ten, und die in der Fer­ne zu er­bli­cken­den re­prä­sen­ta­ti­ven Neo­re­nais­san­ce- und Ju­gend­stil-Fas­sa­den der Grün­der­zeit an der Steins­dorf­stra­ße las­sen ein Bild ent­ste­hen, das vor hun­dert Jah­ren nicht viel an­ders aus­ge­se­hen ha­ben mag. Wä­re da nicht der Stra­ßen­ver­kehr, des­sen Ge­räusch­ku­lis­se bis hier­her dringt, könn­te man glau­ben, die Zeit wä­re still­ge­stan­den. Im­mer­hin: Zum Glück wur­de der Münch­ner Stadt­ent­wick­lungs­plan von 1963 der für das Isar­ufer ei­ne mehr­spu­ri­ge Schnell­stra­ße vor­ge­se­hen hat­te, nie­mals um­gesetzt!

Auf den Kieselstein-Isarinseln

Auf den Isarinseln, un­ter­halb des Ka­bel­stegs, zeigt sich Mün­chen von sei­ner ent­spann­ten Sei­te. Wo sich an Som­mer­wo­chen­en­den die Son­nen­an­be­ter ge­gen­sei­tig auf die Fü­ße tre­ten, herrscht heu­te Lee­re und Stil­le. Auf der Kies­bank sit­zen ver­ein­zelt Men­schen, die dem Spruch des als   Isar­in­dia­ner    be­kann­ten Münch­ner Ori­gi­nals Willy Michl  folgen: „Der Fluss ist die bes­te Me­di­zin“  . Ein sport­lich aus­se­hen­der Mann in Ba­de­ho­se wagt sich (für we­ni­ge Mi­nu­ten) ins ei­si­ge Was­ser. Ei­ne tol­le Stim­mung! Wil­ly Michls Song „Isar­flim­mern“  be­sitzt in­zwi­schen nicht nur in Ba­yern Kultstatus.

In da Sommasonna
auf dem weißen Kies,
i sog eich des is,
des Isarflimmern
mitten im Paradies!
 

Auf dem Kabelsteg  (im Hintergrund die Maximiliansbrücke  )

Der sogenannte „Kabelsteg“ ist die Fortsetzung der Mariannenbrücke und führt (über die Kleine Isar) zum Ostufer. Das Jugendstilbau­werk aus Ei­sen­be­ton mit zwei wei­ten, fla­chen Bö­gen (nach ei­nem Ent­wurf der städti­schen Bau­be­am­ten Adolf Schwie­ling und Aqui­lin Alt­mann) wur­de 1898 erbaut. Der un­ter Denk­mal­schutz ste­hen­de Ka­bel­steg konn­te das Hoch­was­ser vom 14. Sep­tem­ber 1899, dem die Luit­pold­brü­cke und die Max-Jo­seph-Brü­cke zum Op­fer fie­len, un­ver­sehrt über­ste­hen. Der Ka­bel­steg sticht auch durch die schö­nen Ju­gend­stil­ge­län­der her­vor, die auf der Brü­cke als Ei­sen­ge­län­der aus­ge­führt wur­den. Der Na­me lei­tet sich ab von der frü­he­ren Nut­zung als Über­gang für die Was­ser- und die Elek­tri­zi­täts­ver­sor­gung vom Muf­fat­werk  über die Isar.

Der Auer Mühlbach  vor den Maximiliansanlagen

Nach dem Kabelsteg  geht es, an ei­nem klei­nen Spiel­platz vor­bei, am Mei­ler­weg  wei­ter in Rich­tung Nor­den. Ich ge­he den Weg direkt an der Isar  ent­lang. Rechts von mir die Ma­xi­mi­lians­an­la­gen, die Park- und Gar­ten­an­la­gen am rech­ten Isar­hoch­ufer  zwi­schen der Lud­wigs­brü­cke und der Max-Jo­seph-Brü­cke  . Hier ist auch in der war­men Jah­res­zeit we­nig los, ein Rät­sel, denn die Park­an­la­ge ist nicht we­ni­ger schön als ähn­li­che Area­le im Eng­li­schen Garten.

Ich komme bald zu ei­nem Steg, der pa­ral­lel zum Lauf des Auer Mühl­bachs  ver­läuft. Vor meinen Au­gen die ele­gan­ten Zie­gel­mau­er­werk-Bö­gen der Ma­xi­mi­lians­brücke.

Steg zwischen der "Kleinen Isar  " und dem Auer Mühlbach 

Der Auer Mühlbach  ist ein etwa sie­ben Ki­lo­me­ter lan­ger, aus Isar­was­ser ge­speis­ter Münch­ner Stadt­bach. Es ist ein Trauer­spiel, was Stadt­pla­ner und Po­li­ti­ker in frü­he­ren Zei­ten mit den Münch­ner Stadt­bä­chen an­ge­stellt ha­ben. Zu­ge­schüt­tet, in Be­ton­rin­nen ge­lei­tet, in en­ge Ka­nal­bet­ten ge­zwängt, un­ter Be­ton ver­gra­ben. Erst in letz­ter Zeit hat man ver­sucht, das Ver­lo­re­ne zu­rück­zu­holen. Der Auer Mühl­bach, der an vie­len Stel­len wie­der frei­ge­legt wor­den ist, ist ein ge­lun­ge­nes Bei­spiel da­für. Von der Ma­rien­klau­sen­brü­cke fließt er un­ter­halb von Har­la­ching durch Gie­sing, durch die Au bis hin zur Pra­ter­insel, wo er wie­der in die Isar ein­ge­lei­tet wird. Kurz davor wird der Bach un­ter­ir­disch zur Ener­gie­ge­win­nung in das klei­ne Kraft­werk Max­werk  geführt.

Das Maximilaneum

Weiter geht es am Ma­xi­mi­lia­neum  vor­bei, das von 1857 bis 1874 im Auf­trag von Ma­xi­mi­lian II. Kö­nig von Bay­ern  er­baut wur­de und seit 1949 Sitz des Baye­ri­schen Land­tags  ist. Das Ge­bäu­de, das im Stil der Re­nais­san­ce mit Rund­bö­gen, Säu­len, Mo­saiken und büs­ten­ge­füll­ten Ni­schen ges­tal­tet wur­de, gilt als „Na­tio­nalvbau  “ des Mo­nar­chen. Es soll­te u. a. ei­ne Stif­tung für Hoch­be­gab­te be­her­ber­gen, die al­len Lan­des­kin­dern ohne Rück­sicht auf ihre Her­kunft of­fen­stand. Seit 1949 ist das baye­ri­sche Par­la­ment Gast im Haus der Stif­tung Maximilianeum  .

Das Maxwerk 1899 und heute

Immer noch am rech­ten Isar­ufer blei­bend, knapp un­ter­halb der Ma­xi­mi­lians­brü­cke, komme ich zum Ma­xi­mi­lians­werk  (Max­werk  ), ei­nem Fluss­kraft­werk, das vom Auer Mühl­bach  ge­speist wird. Das 1895 in Be­trieb ge­gan­ge­ne Ma­xi­mi­lians­werk ge­hört zu den äl­tes­ten noch in Be­trieb be­find­li­chen Was­ser­kraft­wer­ke Bay­erns. Um es in der Nähe des  Ma­xi­mi­lia­ne­ums nicht un­an­ge­nehm auf­fal­len zu las­sen, wur­de es im Stil ei­nes ba­ro­cken Jagd­schlöss­chens ge­baut. Heut­e ist es völ­lig von Graf­fi­ti ver­schan­delt.



Bis in die 1970er war die Woh­nung im Ober­ge­schoss des Kraft­werks noch be­wohnt. Heu­te sind in den Räum­lich­kei­ten die Ate­liers ei­nes Ma­lers und ei­ner Kos­tüm­bild­ne­rin un­ter­ge­bracht. An­fang 2017 hat­te die Au­gus­ti­ner-Brau­e­rei ih­re Plä­ne für ein Lo­kal mit et­wa 430 Plät­zen vor­ge­legt, knapp 200 da­von auf der Ter­ras­se. Spä­ter zeig­te sich die Brau­e­rei be­reit, die An­zahl der Plät­ze zu re­du­zie­ren. Doch die­ser Plan stieß auf ve­he­men­ten Wi­der­stand des Be­zirks­aus­schus­ses Au/Haid­hau­sen. So wur­de das Pro­jekt auf­ge­ge­ben. Im­mer­hin lau­fen, so die Stadt­wer­ke Mün­chen, „kon­kre­te Pla­nun­gen für eine denk­mal­schutz­kon­for­me Sa­nie­rung der Fas­sa­de  “. Im Früh­jahr 2020 soll da­mit be­gon­nen werden.

Wandmalerei in der Unterführung am Friedensengel

In der Passage unter der Luit­pold­brü­cke (am Frie­dens­en­gel) wur­den auch Wän­de gesprayt, nur han­delt es sich hier nicht um die üb­li­chen Schmie­re­rei­en. Be­reits in den 70er Jah­ren  gab es Street Art in Mün­chen, wenn auch nicht in dem Um­fang wie in Städten wie Ber­lin. Mitt­ler­wei­le ist es auch nicht im­mer il­le­gal, Kunst­werke zu set­zen. Das Kul­tur­re­fe­rat un­ter­stützt Künst­ler und bie­tet ih­nen ei­ne Platt­form für Stra­ßen­kunst  . Die Ar­bei­ten des deut­schen Sprayers mit dem Pseu­do­nym „Loomit  “ sind in Chi­na, Süd­ame­ri­ka, der Ukra­ine und in vie­len Län­dern Eu­ro­pas und den USA zu se­hen. In Mün­chen hat er, zu­sam­men mit wei­te­ren in­ter­na­tio­na­len Künst­lern, die Fuß­gän­ger- und Fahr­rad-Un­ter­füh­rung am Frie­dens­en­gel  gestaltet.

Messstation der Münchner Wasserwerke

Weiter geht es am rech­ten Isar­ufer ent­lang, vor­bei an ei­nem merk­wür­di­gen, eben­so mit Street-Art be­mal­ten Ka­bäus­chen. Ich ver­mu­te, dass von all den Jog­gern und Rad­fah­rern, die an die­ser Stel­le vor­bei­flitzen, kaum einer weiß, um was es sich han­delt. So fra­ge ich ei­nen sport­lich-adrett ge­klei­de­ten äl­te­ren Spa­zier­gän­ger zu­nächst, ob er ein Münch­ner ist. Er ist es! Dann erst stel­le ich die ei­gent­li­che Fra­ge. Er ge­he hier seit zwan­zig Jah­ren re­gel­mä­ßig spa­zie­ren, und selbst­ver­ständ­lich wis­se er, um was es sich bei dem di­rekt am Ufer ste­hen­den Ge­bäu­de han­de­le: Es ist ei­ne Mess­sta­tion der Münch­ner Wasserwerke!

Die Maximiliansanlagen kurz vor der Max-Joseph-Brücke

Mein Spaziergang geht seinem Ende zu. Das Spät­nach­mit­tagslicht taucht das Wäld­chen der Ma­xi­mi­lians­an­la­gen in ein zau­ber­haf­tes Licht. Die Max-Jo­seph-Brü­cke ist mein Ziel. An der Mont­ge­las­stra­ße fah­ren die Bus­se vor­bei, die mich zu­rück nach Schwa­bing bringen.