ZUM MÜLLNER BRÜNDL
5. August 2019: Ein mäßig warmer, klarer Sommertag. Es ist bereits Mittags. Also lieber nicht zu weit weg fahren, das Verhältnis zwischen Wander- und Autofahrzeit sollte schließlich verhältnismäßig bleiben. Kurze Recherche im Internet, dann fahre ich nach Buch am Buchrain. Über die A94 bis Pastetten und die Isener Str. sind es nur etwa 30 Minuten Fahrt. Mein Ziel ist das Müllner Bründel im Bucher Wald.
Von Buch a. B. fährt man die Hauptstraße entlang durch den Wald bis zur Lichtung des Ortsteils Kaltenbach. Unmittelbar vor der Lichtung führt rechts eine Forststraße in den Wald. Vor dem Fahrverbotsschild ist gerade noch genügend Platz, um das Auto im Schatten zu parken. Von da an geht es gerade aus in Richtung Südwesten.
Hier geht es los.
Es ist für mich ein Eintauchen in einen Wunderwald. Die Luft ist klar, die Stille immens, und die Farben der Blumen am Wegesrand überwältigend! üppig wachsende purpurrote Blumen leuchten im Gegenlicht kräftig auf.
BUCHEMPFEHLUNG: | |
Wanderpapa: Familiengeschichten vom Wanderweg | |
Wandern mit Kindern kann Eltern vor große Herausforderungen stellen: Der Sohn mag plötzlich nicht mehr weiterwandern, die Tochter hat Brennnesseln angefasst. In mehreren Essays erzählt der »Wanderpapa« Rémy Kappeler, wie er solche Situationen mit seiner Familie gemeistert hat. | |
Stille im Wald
Ich kann mich kaum an ihnen sattsehehn. Ich kannte diese orchideen-ähnlichen Blumen bereits aus dem Bayerischen Wald, wo sie stellenweise große Flächen überwuchern.
Drüsiges Springkraut (Impatiens glandulifera)
Es handelt sich um das Drüsige Springkraut, auch Indisches Springkraut und früher Bauernorchidee genannt, eine ursprünglich aus dem Himalaya stammende Art, die 1839 aus Kaschmir erstmals nach England importiert wurde und von dort als Zierpflanze auf den europäischen Kontinent gelangte. Heute ist sie nahezu auf dem gesamten europäischen Kontinent verbreitet. Das Drüsige Springkraut steht seit 2017 auf der Liste invasiver gebietsfremder Arten.
Das Drüsige Springkraut wird vielerorts als standortfremd und verdrängend bekämpft, so im Bayerischen Wald, wo es sehr häufig geworden ist, durch den Bayerischen-Wald-Verein. Mich jedenfalls erfreut der Anblick dieser wildwuchernde Pflanze, von der es auch heißt, sie sei sogar essbar!
Großes Springkraut (Impatiens noli-tangere)
Nach etwa 700 Metern halte ich mich bei der Abbiegung links und gehe weiter gerade aus. Nach etwa 500 Metern zweige ich nach rechts ab. Der Weg zum Bründl ist nicht leicht zu finden, man muss sich schon ein wenig auskennen. Oder, wie ich, das Navi auf dem Handy zur Hilfe nehmen. Irgendwie geht es jedenfalls weiter.
Brombeeren
Entspannung pur: Ob Blumen beobachten, Brombeeren pflücken oder die Baumwimpfel gegen den Himmel bewundern, ich nehme mir die Zeit.
Cirsium arvense
Dieser Spaziergang (ihn „Wanderung“ zu nennen wäre zu viel) ist für mich auch eine Premiere. Wie oft habe ich schöne Pflanzen gesehen, hatte aber keine Ahnung wie sie heißen. Aber jetzt brauche ich nur mein Smartphone zücken und kann mit einer Pflanzenbestimmung-App ganz schnell herausfinden, wie die besagten Pflanzen heißten.
Philadelphia-Feinstrahl (Erigeron philadelphicus)
Der Waldweg verzweigt sich mehr als ein Mal und man muss einen Sinn für Orientierung haben. Irgendwann kommt man zu einer kleinen Holzbrücke, dann ist man dem Ziel schon sehr nahe.
Das Ziel kommt näher.
Die Kapelle neben dem Brünnlein
Die kleine, dem „Heiligen Leonhard“ geweihte Kapelle neben der Quelle wurde 1894 erbaut. Im Inneren der Kapelle sind mehrere alte Votivbilder, die von der heilenden Kraft der Quelle zeugen sollen. Die Bänke um die Kapelle laden den, der nicht an dieser „Heilkraft“ glaubt, zum Verweilen ein. Das Genießen der Ruhe des Waldes ist, so kann man es auch sehen, eine „profane“ Quelle von Kraft und innerer Ruhe.
Die Quelle
Um die kleine Quelle rankt sich eine alte Sage: Gerade war, am 3. Dezember 1800, die Schlacht von Hohenlinden geschlagen. Alliierte bayerisch-österreichische Truppen hatten eine schwere Niederlage gegen die französischen Truppen erlitten. Auf der Flucht vor den Franzosen verirrte sich ein Reiter der unterlegenen Truppen im Wald bei Isen. In dem sumpfigen Boden sank der Reiter mit seinem Pferd bis zum Sattel ein. In seiner Not flehte er zu Gott. Sein Bitten wurde erhört, und das Pferd konnte sich frei scharren. Aus der aufgewühlten Erde sprudelte eine Quelle hervor.
Der Quelle werden Heilkräfte zugeschrieben.
Heute ist der Weg zum Bründl ein beliebter Spazier- und Wanderweg. Aber auch die Heilkraft der Quelle lockt immer noch Besucher an. Davon zeugen auch die Tassen, die beim Brunnenhäuschen zu sehen sind.
Trinktassen für die Gläubigen
Man muss nicht daran glauben, aber viele Menschen sind immer noch von der Heilwirkung des Wassers überzeugt. Zumindest schadet es nicht, einen Becher frisches Quellwasser zu trinken. Noch immer finden sporadisch Wallfahrten zum Bründl statt. Am Platz vor der kleinen, hölzernen Kapelle werden gelegentlich Gottesdienste abgehalten, Maiandachten gefeiert.
Auf dem Rückweg
Es ist ein kleiner Wallfahrtsort „in Moll“. Keine Händler, keine Devotionalien, keine Reisebusse voller Pilger. Nur eine einfache Holzkapelle und viel Stille!
Wieder aus dem Wald
Mein Spaziergang geht seinem Ende zu. Zunächst gehe ich den selben Weg zurück, zweige dann aber zweimal rechts ab, um nicht den selben Weg wie am Hinweg ngehen zu müssen. Orientierung: frei Schnauze. Zuletzt weiche ich vom Weg ab, um über ein Weizenfeld schneller zur Hauptstraße zurückzukommen.
Die Lichtung von Kaltenbach
Idyllisch der Blick auf Kaltenbach. Ich fuhr früher öfters diese Strecke, zurück aus Wochenenden in Niederbayern. Von Isen kommend fährt man eine kurze Strecke durch den Wald, taucht in der kleinen Landschaftsidylle Kaltenbachs auf, um dann wieder durch eine kurze Waldstrecke Buch a. B. zu erreichen. östlich davon herrliche hügelige Landschaft, westlich die langweilige Ebene, die nach München führt.
Eigentlich – es ist vorangeschrittener Nachmittag – wäre ein Bier in einer urigen Gaststätte der krönende Abschluss des Tages. Leider finde ich keine offen und muss etliche Kilometer zurück in Richtung München fahren, eher ich in der Nähe von Poing auf das Gasthof Grub stoße, das sich als angenehme überraschung herausstellt.
Ein Schweinsbraten, wie er sein soll!
Ein schöner, schattiger Biergarten mit alten Kastanienbäumen, gute bayerische Kost bei mäßigen Preisen. Also doch ein schöner Abschluss des Tages!
BUCHTIPP:
Heilige Quellen in Oberbayern
Heilige Quellen, die seit Jahrtausenden verehrt werden, gibt es überall auf der Welt. Auch in Oberbayern findet man an den schönsten Plätzen – oft sehr abgelegen und in idyllischer Natur versteckt – heilige Quellen, die oft der Muttergottes gewidmet wurden. Ein Führer zu 60 heiligen Quellen in Oberbayern, mit Sagen, Entstehungsgeschichte, aktuellen Fotos und Angaben zur Anfahrt.
BUCHTIPP:
Was blüht denn da? (Kosmos-Naturführer)
Seit 1935 ist „Was blüht denn da?“ das populärste Pflanzenbestimmungsbuch. Die Grundidee ist so einfach: Blühende Pflanzen fallen vor allem durch ihre Farbe auf. Was liegt also näher, als Blumen nach der Farbe ihrer Blüten zu bestimmen? Jetzt präsentiert sich „Was blüht denn da?“ im neuen, frischen Gewand und wartet mit komplett aktualisiertem Inhalt und vielen Detailabbildungen auf.