WISSENSWERTES

STAND: JANUAR 2024


SCHAUFENSTER


Bitte sprechen Sie nicht von „Window-Shopping“, wir haben in der deutschen Sprache solche Neo­anglizismen nicht nötig. Das wunderschöne Wort „Schau­fenster­bummel“ deckt den Begriff in allen seinen Bedeutungen völlig ab. „Bummeln“ ist ein Verb für ein nicht ziel­ge­richtetes Gehen, Schlen­dern, Flanieren. „Shopping“, also Einkaufen, muss nicht zwangsläufig das Ziel eines Fla­neurs sein. Schaufenster interagieren mit dem Leben auf der Straße und den Menschen, die an ihnen vor­bei­ge­hen. Sie sind ein wesentlicher Grund, wes­halb Men­schen sich gerne in die Innenstädte begeben.



Freilich ist es der Zweck von dekorierten Auslagen, Passanten zum Kaufen zu verleiten, und ein Ein­kaufs­bum­mel kann Glücksgefühle wecken, kann Frust – pro­vi­so­risch – abbauen, besonders wenn der Einkauf ein Spon­tan­kauf ist. Modernes Marketing umgarnt uns auf viel­fältige Weise, und so braucht man sich nicht zu wun­dern, dass Einkaufen für viele zum lustbetonten Erlebnis geworden ist.

Schließlich muss jemand aufpassen, dass nichts geklaut wird.

In jüngerer Zeit – und dies hat womöglich mit der Konkurrenz zum Online-Commerce zu tun – sind manche Schaufenster fast schon zu einem al­ter­na­tiven Kunstraum geworden. Vielleicht auch des­halb, weil viele Händ­ler erkannt haben, dass Pas­san­ten als Multiplikatoren wirken, weil sie ge­lun­ge­ne Schau­fens­ter­de­ko­ra­tionen über Blogs und so­zia­le Medien teilen.

Kaffee gefällig?

Umso wichtig wird die Inszenierung der Waren. Es reicht nicht mehr aus, Puppen in schöne Klei­der zu stecken. Ideenreichtum ist gefragt, und so­gar Kitsch kann – gezielt eingesetzt – eine kauf­för­dern­de Wirkung ausüben.

Geisterstunde


Mit einer originellen Gestaltung werden Emotionen bei den Passanten erzeugt und Besitzwünsche geweckt. Sie werden positiv wahrgenommen und bleiben im Ge­dächt­nis. 24 Stunden, 7 Tage die Woche ist das Schaufenster der Werbeträger und Türöffner eines Ladens.

Interessant die Assoziation zwi­schen der al­ten Schreib­ma­schine For­tuna  (Glück) aus dem Jahr 1923 und der Schau­spie­le­rin und Sän­ge­rin Doris Day  (geb. 1922). Äl­te­re Jahr­gän­ge erin­nern sich gerne an die ro­man­ti­schen Komö­dien, mit de­nen sie in den 1950er und 1960er Jah­ren zu den popu­lärs­ten Holly­wood­stars zählte.

Nostalgie


Die Farbgestaltung eines Schaufensters kann eine wichtige Rolle bei der Anziehung von Kunden und der Präsentation von Produkten spielen. Farben können Emotionen und Assoziationen hervorrufen und somit einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung des Schaufensters haben.

Sehr wirksam ist es, Kontraste zwischen verschiedenen Farben zu schaffen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Was für ein Ergebnis hat hier die Verwendung der Kom­ple­men­tär­farben Rot und Grün gebracht! Der Dekorateur als Künstler!

Die Farben der Mode


Wenn ich manchmal durch die Münchner In­nen­stadt schlendere, verliere ich mich leicht in der Ästhetik man­cher Schaufenster. Wenn ich vor einer dekorierten Aus­lage stehen bleibe, deren mehr oder weniger fan­ta­sie­vol­le, von minimalistisch bis opu­lent gestaltete De­ko­ration ich bewundere, ist eine Ab­sicht, etwas einzu­kau­fen, meistens bei mir ganz und gar nicht vorhanden. In einem kleinen Café Station machen, ist eher ein wich­tiger Teil solch eines Bummels.

Bei Rischart am Marienplatz


Manchmal ist es nicht die Dekoration insgesamt, die die Aufmerksamkeit auf sich zieht, sondern das Objekt, das verkauft werden soll!

Giorgio-Armani-Laden in der Maximilianstrasse


Ein kleines Kunstwerk: Eine breite Auswahl von Filzstoffen, gut sichtbar und in verschiedenen Farben, Muster und Texturen. Farben, die die Aufmerksamkeit erregen und gleichzeitig zur Ästhetik der Filzstoffe passen. Und vor allem eine gute Beleuchtung, die die Farben und Texturen der Stoffe optimal zur Geltung bringt.

Filz


Was auch immer dieses Objekt darstellt, ich konnte nicht anders als stehen bleiben und schauen: Kunst im Vor­bei­gehen – auch das ist München!

Sonne


Gelegentlich erkennt man vor lauter Überlagerung ver­schiedener Elemente und wegen „schreiender“ Mit­tel­punkte kaum, worum es eigent­lich geht.

Kiss me


Zwei blaue Figuren? Ein Hauch von Geheimnisvollen! Eine auffällige Farbe! Der Kontrast zwischen historischen An­tiquitäten und moderner Kunst! Eine kreative Art, Pas­san­ten zum stehen bleiben zu ermuntern?

Antiquitätenladen beim Gärtnerplatz


Kaum ein Anglizismus ist bei den Sprachpuristen ver­hasster als der allgegenwärtige „Sale“. Aber das Wort will einfach nicht aus dem Deutschen ver­schwin­den. In der verengten Bedeutung „vo­rü­ber­ge­hende Ver­kaufs­ak­tion mit gesenkten Preisen“ hat es die Klassiker Aus­verkauf, Winter- oder Sommerschlussverkauf  völlig ver­drängt. Nach dem Ende des klassischen re­gle­men­tier­ten Schluss­ver­kaufs brauch­te man offen­sicht­lich ein neues Wort. Denn ein „Sale“ kann jederzeit stattfinden, er muss nicht am Ende irgendeiner Jahreszeit stehen.

Die reinste Abstraktion


Bezaubernd: In diesem Laden an der Luisenstraße gibt es zahlreiche Puppen aus den unterschiedlichs­ten Ma­te­ria­lien und aus verschiedenen Epochen. An der De­cke hän­gen große und kleine Marionetten herab. Der In­nen­raum hat den Hauch eines Museums.

Puppen-Reparaturwerkstatt


Wer hätte es gedacht? Ein einfaches Schaufenster, die Platzierung von zwei Paar Schuhen, der neueste Mode-Style, eine interessante Farbkombination – und schon hat man etwas Sehensvertes vor den Augen.

Die Eleganz der Schuhe


Ein Fall, in dem die Schaufensterdekoration auch mich zum Spontankauf verleitet hat. Es gab mir eine Kauf­idee für ein Geschenk, das lange fällig war! Der Anglia Book­shop  ist der wohl unordentlichste Buchladen der Welt. Trotzdem findet das Personal zielsicher, wonach man fragt, oder kann es zumindest aus aller eng­lisch­spra­chigen Welt besorgen. Für Bücherwürmer ein echtes Erlebnis!

Anglia Bookshop


Manchmal liegt die Schönheit nicht in der Auf­fäl­lig­keit, sondern in der Fantasie: Achten Sie auf den „weib­lichen“ und den „männlichen“ Kleider­bü­gelhaken.

Wäscherei am Bonner Platz


Nostalgie, eine sentimentale Sehnsucht oder wehmütige Zuneigung für das Vergangene, ist ein Anker und stiftet Identität. Das ist nur einer der Gründe dafür, warum sie sich so gut verkaufen lässt. Der Vintage- und Retrotrend von heute ist keine einmalige Sache. Die Zeit, an die sich durch das Produkt – ein Lied, ein Design, ein Bild – erinnert werden soll, gibt Aufschluss darüber, was uns gerade fehlt oder verloren geht.

Vintage-Plakat


Der Wettbewerb ist auch in der Friseurbranche hart. Nicht immer reichen ausgefallene Namen wie „Love is in the Hair“, „Ali Barber Shop“, „Hin und Hair“ oder„Hairforce One“, um Kunden anzulocken. Eine schöne Ge­staltung des Schaufensters kann hilf­rei­cher sein.

Friseurladen in der Leopoldstraße


Antiquitätengeschäfte gibt es in Schwabing und der Maxvorstadt nicht wenige. Um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, muss das Schaufenster kunstvoll dekoriert werden.

Besteckbaum


BUCHTIPP:

 
Das Buch München mit anderen Augen sehen  sammelt 23 ganz besondere Touren, erzählt von Orten, die eine ganz besondere Bedeutung haben, vom früheren Hasenjagdrevier der Kurfürsten zu einer Gedenktafel für einen Widerstandskämpfer, zu einem Pilgerweg, der an Schloss Schleißheim vorbeigeht, zur über 800 Jahre alte Heilig-Kreuz-Kirche und vielem mehr
 
 


BUCHTIPP:

Wenn man sein Glück in Mün­chen sucht, muss man nicht lan­ge herumlaufen. Es ist zu fin­den in verwunsche­:nen Innen­hö­fen, urigen Kneipen und gemütlichen Kinos. Das Buch Glücksorte in München ist eine Einladung zum Besuch von kulturellen, politischen, künstlerischen und sportlichen Orten, die uns das gute Gefühl geben, richtig zu sein. In dieser Stadt sitzt das Glück wirklich an jeder Ecke. Manchmal muss man nur den Stuhl ein bisschen verrücken, das Herz öffnen und sich auf seine Sinne verlassen.