WELTWALD FREISING
2. JULI 2021:
Ein Naturerlebnis besonderer Art bietet der Weltwald im Kranzberger Forst bei Freising, auch Bayerisches Landesarboretum genannt. Auf verschiedenen Themenpfaden kann man auf einer Fläche von 100 Hektar über 300 Baum- und Straucharten aus allen Ländern der Welt bewundern.
Am einfachsten erreicht man den Weltwald mit dem Auto auf der Staatsstraße 2084 von Freising in Richtung Allershausen. Nach etwa 2,7 bzw. 3,0 km biegt man links in den Kranzberger Forst ein. Hier gibt es die Parkplätze P 1 (Oberberghausen) und P 2 (Eisweiher). Benutzt man die etwas unwegsame Schotterstraße über den Kranzberger Forst von Freising nach Kranzberg so bietet sich der Parkplatz P 3 (Kleiner Spessart) an.
Mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt man zunächst mit der S-Bahn nach Freising und von dort weiter mit der MVV-Buslinie 619 (Ausstieg Ampertshausen). Von dort sind es nur etwa 200 m bis zum Parkplatz P 2 (Eisweiher).
Der auf der Karte markierte Weg ist nur ein Vorschlag. Je nach Zeit und Interessen kann man ihn beliebig variieren. Am besten man besorgt sich bei einem der Informationspavillons einen Flyer. Sie können sich auch den Flyer hier ansehen und ausdrucken.
Nordamerika, Asien und Europa mit der Mittelmeerregion: Im Weltwald befinden sich alle diese Waldgebiete mit dem Formenreichtum von Bäumen verschiedener Kontinente. Mammutbäume, Kuchenbäume oder Chinesische Tulpenbäume sind auf dem etwa 100 Hektar großen Gelände ebenso vertreten wie heimische Baumarten. Besonders sehenswert sind das Quartier „Rosengewächse und Wildobst“ und das „Botanikum“. Letzteres ein Schaugarten mit mehr als 200 winterharten Gehölzarten.
Beeindruckender Hochwald
Auf mehreren gut beschilderten Rundwegen kann man nicht nur „im Wald spazieren“ und dessen Gesundheit fördernde Luft genießen. Es gibt Plätze zum Entspannen und eine Reihe interessanter Holzskulpturen. Pavillons mit Übersichtskarten, Schautafeln und Broschüren liefern die wichtigsten Informationen. Im Zentrum des Bayerischen Landesarboretum überrascht eine malerisch gelegene Waldkirche.
Skulptur „Ich gehe durch den Wald“ (Roger Löcherbach)
Zur Erkundung der verschiedenen Waldregionen kann man auf dem weitverzweigten Netz von ausgebauten Forststraßen bleiben. Oder man folgt den mit farbigen Symbolen markierten Themenpfaden. Diese führen über Trampelpfade gelegentlich auch ins Bestandsinnere. An den Abzweigungen und zwischendurch sind Planken aus Rundholz angebracht. Sobald man das System verstanden hat, kann man sich kaum noch verlaufen.
Infotafeln in einem Pavillon
Schautafel „Borealer Nadelwald“
Planken für die Themenpfade
Der Amerika-Garten zaubert einen Hauch von nordamerikanischen Landschaften in den Weltwald. Im Pflanzquartier „Rocky Mountains“ gibt es nicht nur Bäume des Wilden Westens, wie etwa die Ponderosa-Kiefer oder die Colorado-Tanne, sondern auch einen tollen Spielplatz für große und kleine Indianer, bei dem es viel zu entdecken gibt: Tipis aus Holz, teilweise mit Klettermöglichkeiten, ein Spielturm und viele Steinklötze, die zum Klettern einladen.
Tipi-Dorf
Natürlich darf auch ein Totempfahl nicht fehlen. Zusammen mit Informationsangeboten über die Lebensweise der nordamerikanischen Ureinwohner ist der Amerika-Garten viel mehr als nur ein Spielplatz.
In diesem Zusammenhang ist es interessant zu wissen, dass es in Kanada eine auf der indianischen Tradition basierte Form der Waldnutzung gibt. Die „Aboriginal Forestry“ Grundlage dieser Aboriginal Forestry sind nachhaltige einzelbaumweise Eingriffe, wie wir sie in Mitteleuropa kennen. Auf diese Weise bleibt die biologische Vielfalt im Wald für traditionelle Aktivitäten wie Jagen, Fischen, Fallenstellen oder Sammeln von Heilkräutern erhalten.
Totempfahl
Man findet die kleine idyllische Kirche nicht sofort, denn sie befindet sich, etwas versteckt, weil von einem Wäldchen umgeben, auf einer kleinen Anhöhe mitten im Weltwald; nur an einer Stelle führt ein kleiner Pfad zu ihr hinauf. Das über 1000 Jahre alte, von einer niedrigen Steinmauer umgebene Kirchlein St. Clemens (auch als Waldkapelle Oberberghausen bekannt) steht im Schatten mächtiger Eichen. Es ist das einzige erhalten gebliebene Gebäude des 1883 aufgelassenen Weilers Oberberghausen.
Kirche St. Clemens
An diesem Wochentag bin ich trotz des schönen Wetters mutterseelenallein. Gäbe es auf der Lichtung vor der Kirche nicht ein paar Reihen von Bänken für die einmal im Monat stattfindenden Freiluftgottesdienste, könnte man den Eindruck bekommen, dass die Zeit stehen geblieben ist. Der verwunschene Friedhof mit seinen schmiedeeisernen Grabkreuzen aus dem 18. und 19. Jahrhundert erinnert an die Namen der Bauersleute, die hier einmal gelebt haben.
Die vier seit dem 16. Jahrhundert nachweisbaren Bauerngehöfte bestanden aus jeweils drei bis vier Gebäuden, die Ortsflur umfasste 1810 etwa 85 Hektar und war umgeben von Staatswald. In ihm wurden erstmals um 1877 Versuche mit fremdländischen Baumarten unternommen. Um 1880 nahm dann die Idee Gestalt an, im Kranzberger Forst eine Weidenkultur anzulegen. Um eine geschlossene Fläche zu schaffen, sollten die Bauern verkaufen. Diese konnten schließlich zum Verkauf ihres Eigentums bewegt werden. Der letzte Bewohner des Dorfes, Josef Reichart, verließ 1884 seinen Hof.
BUCHTIPP: | |
Wilder Wald: Naturschutz am Beispiel des Nationalparks Bayerischer Wald. | |
Der Nationalpark Bayerischer Wald steht weltweit wegweisend für einen gelungenen Naturschutz und als Modell für die Erneuerung von Ökosystemen. Ohne den Einfluss des Menschen durfte sich hier eine außerordentliche Artenvielfalt entwickeln, der Wald wurde zum Rückzugsraum für zahlreiche, vom Aussterben bedrohte Tiere und Pflanzen. |
Zehn Meisterschüler der Holzbildhauerei aus München setzten sich in einem gemeinsamen Projekt „Denk mal“ mit dem verschwundenen Weiler auseinander und erarbeiteten Entwürfe dazu. Eine Jury aus Lehrern der Meisterschule sowie Forstmitarbeitern wählte den Entwurf von Sophie Neustifter und Johannes Gerlach aus und gemeinsam verwirklichten 2016 alle zehn Schüler ein Skulpturenwerk aus fünf großen Holzstelen aus Douglasienholz. In vier der Stelen sind Vertiefungen und Durchbrüche eingestemmt, deren Umrissformen die Grundflächen der einstigen Höfe nachzeichnen. Nur die Skulptur, die für die Kirche St. Clemens steht, hat keine Vertiefungen.
Die Skulpturen erinnern an die Geschichte von Oberberghausen
Als Attraktion (besonders für Kinder) gibt es im Weltwald zwei Ziegenherden mit insgesamt über 40 Tieren, die seit einigen Jahren die Grünlandpflege übernommen habe. Auch zur Erinnerung an die Landwirtschaft im früheren Oberberghausen sorgen sie für eine natürliche Vielfalt von Gräsern, Kräutern und Blumen.
Die Rasenmäher
Im Botanikum findet man Bäume und Sträucher nach botanischen Kategorien zusammengestellt. Das Populetum ist speziell den Pappeln gewidmet, im Salicetum sind fast alle mitteleuropäischen Weiden-Arten zu sehen, im Rosaceum Vertreter der blütenreichen Familie der Rosengewächse.
Landschaft mit Birken
Landschaft mit Weiden
Immer wieder stehe ich vor beeindruckenden, in den Himmel hineinragenden Bäumen, deren Stämme nicht selten einen Umfang von mehreren Metern betragen. Nur schade, dass dort selten ein Schild mit der genauen Bezeichnung findet.
Ahornblättrige Platane
BUCHTIPP: | |
Das geheime Leben der Bäume | |
Mit „Das geheime Leben der Bäume“ hatte Peter Wohlleben 2015 seinen größten Erfolg. Das Buch stand 2015 und 2016 an der Spitze der Bestsellerlisten, auch im Jahr danach gehörte es noch zu den beliebtesten Sachbüchern. Der Autor erzählt darin beispielsweise von Bäumen, die über ihr Wurzelsystem Nährstoffe austauschen oder Duftstoffe aussenden, um sich vor Schädlingen zu warnen. | |
An anderer Stelle besticht ein Kunstwerk durch seine elegante Form und große Leichtigkeit. Es stellt den Samen des Ahorn-Baumes dar, der aus drei einzelnen Teilen besteht, die zusammen wieder ein Ganzes ergeben. Das Kunstwerk „Ahornsamen“ ist ein Gemeinschaftswerk von Johann Kral, Kim Schypulla und Lukas Köver.
„Ahornsamen“
2020 wurde im Weltwald der Asien-Garten fertiggestellt. Ganz in der Nähe eines kleinen Weihers ist ein Ort entstanden, der die Besucher durch den Zauber ostasiatischer Architektur und Gartenkunst in Ihren Bann zieht. Große formschöne Felsblöcke auf einer Wiese und nahe am Wasser laden ein zum Pausemachen und entspannen.
Die Dachform der Pagode erinner an chinesische Bauten. In Anlehnung an die japanische Zen-Tradition ist der Innenraum jedoch vollkommen leer und gehalten. Ein idealer Ort zur Meditation.
Der Koi-Karpfen ist ein in leuchtenden Farben getupfter, gestreifter oder getigerter Karpfen. Kein Koi gleicht dem anderen. Während Reis noch immer das Grundnahrungsmittel für die arme Landbevölkerung in Asien darstellt, gilt der in Reisfeldern gezüchtete Fisch als Statussymbol für wirtschaftlichen Erfolg und Stärke. Die Skulpturengruppe „Koi im Reisfeld“ von Thomas Dinzl, Anke Rossmann und Peter Rappler weist auf das Paradoxon Armut – Reichtum hin.
„Koi im Reisfeld“
BUCHTIPP: | |
Das große Buch der Bäume | |
Bäume sind faszinierende Lebewesen. Bäume sind Leben. Sie sind teilweise viele Millionen Jahre älter als wir Menschen. Wälder machen das Leben auf unserer Erde erst möglich. Dieses reich illustrierte Sachbilderbuch ist ein besonderer Waldspaziergang, der nicht nur die Anatomie der verschiedenen Blatt- und Baumarten erklärt, sondern auch einen detailreichen Überblick über die verschiedenen Wälder unserer Erde und deren tierische Bewohner gibt. | |
„Erleben“ kann man den Weltwald auf verschiedene Weisen. Man kann ihn zunächst nur als einen schönen Ort sehen, an dem man an der frischen Luft spazieren geht, als einen Anlass, sich von der Hektik des Alltags zu erholen und meditative Momente zu erleben, man kann sein Wissen über Natur und Umwelt erweitern – jeder kann seinen individuellen Zugang finden. Persönlich war für mich der Zauber der Formen, die die Natur zustande bringen kann, eine der Leitlinien. Es ist ein Eintauchen ins „Kleine“, ins „Verborgene“, in eine Vielfalt, über die ich jedes Mal staunen kann.
Alpen-Frauenfarn
Lebensbaum (Thuja)
Berghemlocktanne
Purpurtanne
Umweltmammutbaum
Gemeiner Schneeball (Viburnus opulus)
Chinesischer Tulpenbaum
Amerikanische Roteiche
Durch seine Nähe zu München ist der Weltwald für mich vor allem eine willkommene Naherholung-Gelegenheit. In einer knappen halben Stunde habe ich die Möglichkeit, einen einzigartigen Wald mit seinen verborgenen Schönheiten zu erleben, etwas für mein körperliches Wohlbefinden zu tun und – als Fotograf – eine unerschöpfliche Quelle von Motiven zu finden.
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In der Nähe des Pavillons „Tulpenbaum“
BUCHTIPP: | |
Gebrauchsanweisung für den Wald: 4. aktualisierte Auflage 2020 | |
Die Wälder sind sein berufliches Zuhause, und die Arbeit mit Bäumen ist sein Leben. Bei geführten Waldwanderungen gibt der passionierte Förster und Autor Peter Wohlleben sein enormes Wissen über Bäume weiter. Seine Gebrauchsanweisung ist eine ebenso handfeste wie stimmungsvolle Entdeckungstour. |