MÜNCHNER  SPAZIERGÄNGE

STAND: JANUAR 2024


ANGERLOHE


1. Oktober 2020:

Im Nordosten Münchens liegt, umgeben und zerschnitten von Autobahn, In­dus­trie­gebiet und Rangierbahnhof, eine für viele Münch­ner unbekannte Naturlandschaft. Einerseits die mit Tümpeln, Wiesen und Laubwäldern ver­se­hene An­ger­lohe, andrerseits die nördlich davon liegende Allacher Lohe. Beide bieten vielen Tieren und Pflanzen Schutz.

Sowohl die etwa 40 Hektar große Angerlohe  als auch die Allacher Lohe  mit ihren 150 Hektar ge­hö­ren zu den letzten Urwaldrelikten im Münch­ner Nord­westen. Lohwald  (auch: Lohe ) ist eine Land­schaftsbezeichnung für „lichten Wald“.

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Mit öffentlichen Mitteln erreicht man die Angerlohe am Besten mit der U3 in Richtung Moosach (bis zum Moosacher St.-Martins-Platz), und von dort fährt man mit dem Bus 163 zur Haltestelle Gruit­hui­sen­stra­ße (die sich in der Manzostraße be­fin­det). Wenn Sie westlich von der Haltestelle das mo­der­ne Gebäude einer Schule sehen, dann sind Sie an der richtigen Stelle. Falls Sie mit dem Auto unterwegs sind, geben Sie Ihrem Navi die Grund­schu­le an der Manzostraße  als Ziel an.

Am südlichen Rand der Angerlohe

Ohne Zweifel handelt es sich bei dem Gebiet süd­lich des Landschaftschützgebiets um eine an­ge­neh­me, ru­hi­ge Wohngegend. Nahezu überall findet man eine aufgelockerte Wohnbebauung mit Ein- und Zwei­fa­mi­lien­häusern, mit Eigentums- und Reihenhauswohnanlagen durchsetzt. Keine Hö­he­punkte der Architektur. Die Siedlungen stam­men aus den 1950er bis 1970er-Jahren. Frei­lich ist es eine Gegend, in der man sich ins Auto (oder aufs Fahrrad) setzen muss, will man eine Zeitung oder die Frühstücksbrezen) kaufen.

Das letzte Haus mit Flair

Lohwald heißt zwar „lichter“ Wald, doch mein ers­ter Eindruck, wenn ich auf einem der zahlreichen schma­len Wege den Wald betrete, ist der von Dichte und Dunkelheit.

Wo­hin ich auch schaue, sehe ich einen ur­wüch­si­gen, „richtigen “ Wald, nahezu ohne Na­del­holz­ge­wächsen, so wie es früher in ganz Deutsch­land einmal war, als die Wälder fast voll­ständig aus Laubmischwäldern bestanden.

Die Angerlohe ist ein Eichen-Hainbuchenwald, der in historischen Zeiten als sogenannter Niederwald in zeitlichen Abständen zur Brennholzgewinnung genutzt wurde. Der durch diese Nutzung erzeugte lichte Charakter ist in weiten Teilen verloren ge­gan­gen, doch sind kleine Lichtungen mit wert­vol­ler Flora noch vorhanden. Hier wachsen Hain­bu­chen, Eichen, Linden, Ahornbäume und auch noch die vom Aussterben bedrohten Eschen und Ulmen.

Verlaufen kann man sich kaum. Durch die be­schei­dene Größe des Waldes ist es schwer, die Orien­tierung zu verlieren. Dennoch fällt mir auf, dass es hier paradoxerweise stiller ist als in der dreifach so großen Allacher Lohe. Während ich dort bei mei­nem Spaziergang im Frühjahr fast überall noch das (wenn auch leise) Geräusch der Autobahn ver­neh­men konnte, gibt es hier Augenblicke völliger Stille.


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Ich muss schmunzeln: Bei Amazon gelten Au­to­bahn­geräusche als „Entspannungsgeräusche “, die man mittels des „intelligenten“ Lautsprechers Alexa  aktivieren kann, um „ruhig schlafen oder unerwünschte Geräusche bei der Arbeit oder zu Hause ausblenden zu können!

Angerlohe

Geht man von der Manzostraße gegen Norden, trifft man nach etwa 200 Metern (auf der Höhe der Rueßstraße) auf einen Torbogen. Errichtet wurde er 1910 vom Bauunternehmer Korbinian Beer. Der Historiker Dr. Walter Demmel  vermutet, es müsse eine Auftragsarbeit gewesen sein, vielleicht vom Königshaus . Ursprünglich gab es einen nördlichen und einen südlichen Bogen. Vom Südtor an der Manzostraße sind nur noch kleine Reste erhalten. Auf alten Fotos ist zu sehen, dass auf dem Tor der Schriftzug „In Treue fest“ stand.

Der Torbogen in der Angerlohe

Vom Torbogen aus in Richtung Osten komme ich auf eine sonnendurchflutete waldfreie Fläche. Der Kontrast zur Dunkelheit des Waldes könnte nicht größer sein. Auf der brachliegenden Fläche leuchtet ein Meer von prächtigen, gelb blühenden hohen Stauden. Es handelt sich höchstwahrscheinlich um Kanadische Goldruten  (Solidago ca­na­densis ), die man inzwischen fast überall in Europa trifft.


Die gold-gelben Blü­ten­stän­de erscheinen ab August bis in den Oktober hinein. Die knos­pen­den Blü­ten­stän­de hängen bogig über, bevor sie sich zum Aufblühen aufrichten.

Kanadische Goldrute

Ich bin von diesem Wald begeistert! Obwohl ich von beliebiger Stelle aus in höchstens einer Vier­tel­stun­de wieder draußen sein könnte, erlebe ich per­ma­nent das Gefühl, „tief im Wald“ zu sein, und emp­finde das keineswegs als Bedrohung! Ruhe stellt sich bei mir ein. Es heißt, dass beim Auf­ent­halt in einem Wald sich der Wert der pro­du­zier­ten Stress­hormone senke. Bei Männern soll der Adre­na­lin­wert um fast 30 % senken!

Riesige Buchen

Kaum bin ich (nördlicherseits) aus dem Wald he­raus, erwartet mich eine farbige Überraschung: Große und kleine, in sattem Orange erstrahlende, noch nicht abgeerntete Kürbisse liegen un­gleich­mä­ßig auf einem Feld verteilt unter den Strahlen der schwachen Herbstsonne. Es ist ein wahres Fest fürs Auge!

Halloween naht!

Nördlich der den Wald begrenzenden An­ger­loh­straße befindet sich ein Magerwiesen-Biotop, der von der Angerlohe bis einschließlich die Allacher Lohe reicht – lei­der durchtrennt durch den Gü­ter­bahn­hof und die Ludwigsfelder Stra­ße – und als Fauna-Flora-Habitat geführt wird. Dort wurden Frosch­teiche angelegt. Im Frühjahr soll es von Kaul­quappen nur so wimmeln und bis in den Sommer hinein Froschkonzerte geben.

 

Als Magerwiese-Biotoptyp (auch Magerrasen oder Trockenwiese genannt) werden Wiesen an be­son­ders nähr­stoffarmen, „mageren“ Standorten zu­sam­men­gefasst. Weil dieser Wiesentypus land­wirt­schaft­lich kaum ge­nutzt werden kann, ist die Magerwiese heute vom Aussterben bedroht. Vor allem in landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten erfolgt eine Umwandlung in wirt­schaft­li­che­re Nutzungsformen.

An dem Weg entlang der Wiese wachsen wilde Obst­bäume, vor allem Apfelbäume, von denen man sich im Spätsommer bedienen kann.

Streuobstwiese

Im Gegensatz zur Besiedlung am südlichen Rand der Angerlohe gibt es unmittelbar am Rand des Biotops ein paar Straßenzüge, die grün und dörf­lich-idyllisch sind: ein-und Zweifamilienhäuser, kleine Gärten, alter Baum­bestand. Man würde nicht ahnen, dass unweit davon das Werkstor von Krauss-Maffei steht und sich der Stadtbezirk Allach-Un­ter­men­zing verkehrsbelastet, versiegelt und industriell geprägt zeigt.


BUCHTIPPS:

Das geheime Leben der Bäume: Was sie fühlen, wie sie kommunizieren
Mit „Das geheime Leben der Bäume“ hatte Peter Wohlleben  2015 seinen größten Erfolg. Das Buch stand 2015 und 2016 an der Spitze der Best­sel­ler­listen, auch im Jahr danach gehör­te es noch zu den beliebtesten Sach­bü­chern. Der Autor erzählt darin bei­spiels­wei­se von Bäumen, die über ihr Wurzel­sys­tem Nähr­stoffe aus­tau­schen oder Duftstoffe aussenden, um sich vor Schädlingen zu warnen.

Wir sind Geschöpfe des Waldes: Warum wir untrennbar mit den Bäumen verbunden sind
Wolf-Dieter Storl ist ein deutsch­ame­rikanischer Kulturanthropologe, Ethnobotaniker und Buchautor. Storls Publikationen beschäftigen sich vor allem mit Ethnobotanik, Eth­no­me­di­zin, traditioneller Phy­to­therapie und Kulturökologie. Der Best­sel­ler­au­tor möchte uns in diesem Buch den Wald wieder näherbringen. Er gibt uns einen Einblick in die Tiefen des Waldes mit seiner Geschichte, seinen Mythen, Bildern und Symbolen.

Was blüht denn da? (Kosmos-Naturführer)
Seit 1935 ist „Was blüht denn da?  “ das populärste Pflan­zen­be­stim­mungsbuch. Die Grundidee ist so einfach: Blühende Pflanzen fallen vor allem durch ihre Farbe auf. Was liegt also näher, als Blumen nach der Farbe ihrer Blüten zu bestimmen? Jetzt präsentiert sich „Was blüht denn da?  “ im neuen, frischen Gewand und wartet mit komplett aktualisiertem Inhalt und vielen Detailabbildungen auf.