STREET ART
30. JANUAR 2022
Unter Graffiti versteht man selbstautorisiert angebrachte Zeichen aller Art im urbanen Raum. Sie sind ursprünglich ein Ausdruck einer Jugendkultur auf der Suche nach Ausdrucksformen politischer oder sonstiger Natur.
Besprühte Schilder am Straßenrand, beschmierte Hauswände, Brückenpfeiler, Tunnelwände oder komplett bebilderte Zugwaggons – Graffiti sind überall zu finden. In fast allen Fällen wurden sie ohne Erlaubnis der Eigentümer angebracht und sind somit illegal. Solche gegen den Willen der Eigentümer angebrachten Graffiti sind – und das völlig unabhängig von ihrem künstlerischen Wert – im Sinne des Strafgesetzbuches Sachbeschädigung. Dazu kommt oft auch noch ein verbotswidriges Betreten des Geländes, sodass zusätzlich ein Hausfriedensbruch vorliegen kann.
Der deutsche Graffiti-Künstler WON ABC, der maßgeblich an der Initiierung der Münchner Graffiti-Szene beteiligt war, wurde einmal zu einer sechsmonatigen Strafe auf Bewährung verurteilt. In einem Vergleich mit der Deutschen Bahn einigte er sich schließlich für die von ihm eingeräumten Schäden in Höhe von 130.000 DM an S-Bahn-Zügen auf eine Zahlung von 20.000 DM. Danach wandte sich der Künstler dem legalen Segment der Street Art zu.
Sind Graffiti als Kunstgattung anzusehen oder doch nur hässliche Schmierereien? Von einem Jugendrichter stammt der Satz: „Was Kunst ist, entscheidet nicht der Sprüher, sondern der Eigentümer“. Das ist meines Erachtens Unsinn. Graffiti können selbstverständlich Kunst sein, ob sie legal oder illegal erstellt worden sind, spielt da keine Rolle.
Vandalismus
Ein großer Teil der Graffiti scheint (zumindest für einen Laien) nichts Inhaltliches darzustellen, sondern nur aus kryptischen Schriften zu bestehen, bei denen mehr oder weniger große Buchstaben und Zahlen das zugrundliegende Element darstellen. Manchmal sind auch figürliche Darstellungen in den Schriftzügen integriert, oft im Stil von Comics. Die Schriften sind oft stark geschwungen und in verschiedene Richtungen geneigt, manchmal sogar gedreht oder gespiegelt. In der Fachsprache spricht man von „Style Writing“.
Style Writing
Das soll aber nicht das Thema dieser Seite sein. Sie trägt den Titel Street Art nicht ohne Grund, denn in meiner Wahrnehmung ist „Street Art“ mehr als nur „Graffiti“. Es ist die Emanzipierung der Ersteren von den Letzteren. In Wahrheit ist die Definition von Street Art immer noch nicht festgeschrieben.
Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal von Graffiti und Street-Art ist der Zugang, den die beiden Kunstformen den Betrachtern bieten: Die Graffitiszene ist für Außenstehende in den meisten Fällen nicht nachzuvollziehen. Für sie stellen sich „Writings“ wie gesprayte Schnörkel und Schlaufen dar, aus denen man überhaupt nichts entziffern kann. Deshalb sieht man sie außerhalb der Szene meistens nur als Schmierereien an. Die schwere Zugänglichkeit der Graffiti und deren vandalistischen Charakter sorgen für Ablehnung bei einem großen Teil des Publikums.
Style Writing & Comic-Männchen: Kunst?
Während Graffiti-Writer also in erster Linie für sich selbst und eingeweihte Szenemitglieder malen, möchte Street-Art ein großes Publikum erreichen und dessen ästhetischen Geschmack treffen, weil ihr Ziel darin besteht, Diskussionen und Reaktionen auszulösen. Deshalb sind gegenständliche Motive und abstrakte Muster typisch für Street Art.
Deshalb wird – anders als bei den Graffiti – Street Art inzwischen von einem großen Teil der Gesellschaft als Kunst akzeptiert. Eine Ausweitung der öffentlich zur Verfügung gestellten Flächen ist gewünscht und der Trend zur Verzierung von großflächigen Hauswänden ist längst in zahlreichen Städten angekommen. Die bunten, kreativen und manchmal gesellschaftskritischen Wandmalereien sorgen für eine optische Aufwertung von tristen und kahlen Hauswänden.
Roosters (Matthias Mross) meet Calligraffiti
Mehr als von „Street Art“ spricht man meistens von Murals, was wörtlich übersetzt Wandmalerei bedeutet. Im Gegensatz zu den Graffiti handelt es sich bei den Murals jedoch oft um beauftragte Arbeiten oder freie Werke, die für einen bestimmten Zeitraum oder langfristig den öffentlichen Raum verschönern sollen. Damit ist diese Form der Street Art meist legal.
BUCHTIPP: | |
Graffiti XXL: Street Art im Großformat | |
Dieser reich illustrierte Bildband bietet einen umfassenden Überblick über einen rasant wachsenden urbanen Trend. Das ideale Geschenk für alle Fans von Graffiti-Kunst, Street Art und Urban Art! Noch gelten sie als echter Geheimtipp: Murals, spektakuläre Wandgraffitis in Übergröße. Doch ihre Fangemeinde wächst und wächst. | |
Es heißt, München sei ein Vorreiter der Graffiti-Szene in Deutschland gewesen. Nur schade allerdings, dass man zum großen Teil nur Style-Writings sieht oder Werke, die im Wesentlichen aus Comicfiguren und Monstergesichtern bestehen. Sie führten, wie auch die Street Art, bis vor nicht allzu langer Zeit ein Leben quasi im Verborgenen, in Fußgängerunterführungen, auf Bauzäunen und auf den Stützpfeilern von Brücken.
In der Unterführung am Friedensengel
Das hat viel damit zu tun, dass die Anfänge dieser Kunst nicht selten illegalen Charakter hatten, aber vor allem, dass weder private Gebäudeeigner noch die Stadt die notwendigen Flächen in „sichtbaren“ Bereichen zur Verfügung stellten. Erst seit Kurzem stellt die Stadt für etablierte Künstler offizielle Flächen wie die unter der Donnersbergerbrücke oder an der Tumblingerstraße zur Verfügung.
Parkplatz unter der Donnersberger Brücke
Aber auch hier handelt es sich um die bereits genannten weniger attraktiven Locations. Street Art in der „Unterwelt“! Dort tummeln sich in großer Zahl Graffiti-Writer und Möchtegernkünstler. Inspirierende, „sichtbare“ Wandmalereien sind jdenfalls immer noch selten.
Parkplatz unter der Donnersberger Brücke
BUCHTIPP: | |
Icons of Street Art: Big Murals | |
BIG MURALS – riesige, ganze Häuserfassaden einnehmende Kunstwerke, oft mit politischer und gesellschaftskritischer Botschaft: Der Bildband »Icons of Street Art« zeigt in Aufnahmen des Fotografen Michael Harker die besondere Strahlkraft und Bedeutung dieser Straßenkunst an Beispielen aus Berlin, Lissabon, Paris oder New York City. | |
Zu den ersten Wandmalereien, die Münchner Gebäude schmückten, zählen jene im Studentenviertel des Olympiadorfs. Denn dort sind die meisten der zahlreichen Bungalows aufwendig bemalt. Die Fassaden der Bungalows durften damals (1971) die Bewohner nach eigenem Geschmack selbst gestalten. Deshalb ist so ziemlich alles vertreten, was man mit einer kreativen Ader auf eine Hauswand auftragen kann. Von humorvollen Cartoons bis hin zu künstlerischen Abbildungen des typischen Studentenlebens.
Bemalte Fassade in der Studentenstadt
Im Kreativquartier an der Dachauer Straße hat sich in den letzten Jahren eine lebendige Kunst- und Kulturszene entwickelt. Durch das Engagement des Kunstvereins Positive Propaganda haben wir in München das Privileg, eine Vielzahl großformatiger Murals bestaunen zu dürfen, die mitunter von den weltweit bedeutendsten Akteuren der Szene gestaltet wurden.
„Street-Art ist eine emanzipierte Form der Graffiti-Kultur und gilt als eine der wichtigsten Kunstbewegungen der Gegenwart“, heißt es auf der Seite des gemeinnützigen Vereins. Und die wird in München zunehmend als Kunstform in den öffentlichen Raum integriert.
Das erste Positive-Propaganda Projekt erfolgte in Kooperation mit Amnesty International München zum Thema „Hände hoch für Waffenkontrolle!“. Um es zu realisieren, stand ein Künstler ganz oben auf der Liste: KRIPOE von CBS aus Berlin.
Hände hoch für Waffenkontrolle!
Das Munich Center of Community Arts (MUCCA) im Kreativquartier ist eine Institution, die Platz für künstlerische und soziale Projekte bietet, interdisziplinäre Kulturarbeit und experimentelle Veranstaltungsformate. Die abgebildete Wandmalerei stellt eine Kuh dar. Mucca ist das italienische Wort für Kuh.
Mural an der Fassade des MUCCA
Wenn sie auch früher in der Illegalität ihr Handwerk ausübten, verewigten sich inzwischen nicht wenige der bedeutendsten Akteure der internationalen Street-Art-Szene ganz legal in München. Seit einigen Jahren haben die Größen der Street Art-Szene wie BLU, ESCIF, Shepard Fairey und Mark Jenkins München für sich entdeckt und setzen in Kooperation mit dem Kunstverein Positive Propaganda e. V. wertvolle künstlerische Impulse im öffentlichen Raum um.
Frank Shepard Fairey (1970) ist ein Street Art-Künstler, Grafiker und Illustrator. Bekannt wurde der US-Amerikaner der breiten Öffentlichkeit vor allem durch seine „Obey“-Serie. 2016 realisierte er mit dem Positive-Propaganda-Team ein Mural in der Landshuter Allee: „Paint it Black“, mit dem er die Gier nach Öl der Politik kritisiert.
Paint it black
Ericailcane (1980) ist das Pseudonym eines italienischen bildenden Künstlers. Seine künstlerische Arbeit umfasst vor allem Graffiti, Street Art, Illustrationen und Zeichnungen und beinhaltet überwiegend die Darstellung von Tierfiguren. Er gehört zu der neuen Generation europäischer Straßenkünstler, die die Gestaltung des öffentlichen Raums revolutioniert haben. 2017 Realisierte er das Mural Gentifrication in der Tulbeckstraße im Westend.
Gentrification
In diesem Werk symbolisiert der Specht den rücksichtslosen Investor, der in das (Baum-)Haus ein großes Loch geschlagen hat und die Larven der Ameisen frisst. Diese formieren sich schließlich zum Widerstand.
Es geht um die Gentrifizierung des Westend-Viertels, eines Gebiets, das sich in den vergangenen Jahren radikal verändert hat. Investitionen wurden getätigt, die Immobilienpreise stiegen und die Menschen, die ursprünglich dort lebten, konnten sich das Wohnen dort nicht mehr leisten.
Beim Flanieren im Westend findet man an fast jeder Ecke Wandmalereien. Dass ausgerechnet dieses Viertel Schauplatz für Murals aller Art ist, kann auf die Vielfalt seiner Bewohner zurückgeführt werden, die aus allen Alters- und Einkommensschichten stammen. Deshalb ist hier die Toleranz gegenüber alternativen Gestaltungsansätzen hoch und die Kreativität findet seinen Platz.
Ein Mural, das von Positive Propaganda mit dem Politaktivisten NoName 2014 im Westend realisiert wurde, heißt „Sturm“. Als Inspiration diente dem Künstler eine alte Streichholzschachtel mit der Aufschrift „Sturm“, die der Künstler auf einem Spielplatz im Innenhof des Gebäudekomplexes an der Westendstraße 99 auf dem Boden fand.
Sturm
Die brennenden Streichhölzer verweisen hier sehr sinnbildlich auf den „Sozialen Brennpunkt“. Der Künstler möchte das Kunstwerk all denen widmen, die gesellschaftlich ausgegrenzt und unterschätzt werden.
Das ehemalige Siemens-Gelände in München-Obersendling wurde 2017 Schauplatz eines außergewöhnlichen Kunstprojekts. Beim Street-Art- und Graffiti-Festival SCALE – Urban WallArt Munich versahen vom 26. Juni bis 1. Juli international bekannte StreetArt-Künstler aus Südamerika, Polen, Frankreich, Spanien, Österreich und Deutschland die Gebäude an der Hofmannstraße mit riesigen Wandmalereien.
Mural von Okuda
Eine Woche lang malten und sprayten sie auf dem alten Siemens Campus Süd. Einige Namen: Aryz - Os Gemeos - Jana & JS - Okuda - Sainer - Loomit - SatOne - Axel Void - Daniel Man - Daim - Stone Age Kids.
Mural von Jana & JS
Für mich als früherer Siemens-Mitarbeiter wirkt das ehemalige Siemensgelände besonders deprimierend, denn es stehen zahlreiche Gebäude leer. Es soll zwar hier ein neues Wohnquartier entstehen, aber noch ist davon nichts zu sehen. Diese Trostlosigkeit, gepaart mit den in der Tat beeindruckenden Murals lässt mich darüber grübeln, wie wenig diese Art von Kunst in München wirklich „angekommen“ ist. Denn auch hier hat sie es nur geschafft, sich in weniger attraktiven Standorten zu etablieren.
Liqen ist ein talentierter Street-Art-Künstler aus Spanien, der Wände auf spektakuläre Weise dekoriert. Er hat zahlreiche Länder auf der ganzen Welt bereist und überall mit seinen „Murals“ beeindruckt.
The Cabinet of Curiosities
Das Mural (Dachauerstraße 100) ist ein Kompendium von Motiven, Raritäten und Gegenständen, die Liqen in seinem ganzen Leben in Erinnerung geblieben sind.
Ein Glücksfall für die Kunst der Wandmalerei ist die Wohnsiedlung Borstei. Hier ist das Schmücken der Gebäudefassaden sogar ein wesentlicher Teil des Konzepts, nach dem diese denkmalgeschützte Siedlung in den 1920er-Jahren errichtet wurde. Denn dem Architekten Bernhard Borst war Kunst wichtig. Das lässt sich heute noch an den zahlreichen Skulpturen und Statuen sowie an den Fresken an den Gebäuden ausmachen. Neben den haushohen Fresken mit mythologischen Themen wurden auch ein Geräteschuppen und das Müllhäuschen von außen mit Wandmalereien verschönert. Die Malereien stellen Märchenszenen dar und stammen von Heinrich Bickel (1897-1965).
„Märchenhafte“ Borstei
In Giesing findet man in der Martin-Luther-Straße das wohl größte Mural Münchens! Urheber ist der bekannte Street-Art-Künstler WON ABC (Markus Müller), der es Ende 2019 anlässlich des hundertsten Geburtstags des Freistaats Bayern das Kunstwerk angefertigt hat. Es enthält Motive der Räterepublik von 1918. Dargestellt sind deren Anführer. Siehe auch Candidplatz.
Räterepublik (Ausschnitt)
Die Gegend in der Nähe des Leuchtenbergtunnels? Trostlos! Kaufhausparkplätze, gesichtslose Wohn- und Bürogebäude, Beton! Aber – Moment mal: Seit einiger Zeit gibt es hier Farbe! Denn wie von Zauberhand wurden manche Wände mit äußerst interessanten Wandgemälden übermalt. Das Gewerbegebiet rund um die Neumarkter Straße wandelt sich gerade zum Munich Art District, zu einem Stadtviertel, in dem Kunst im öffentlichen Raum für jeden erlebbar ist. Mit District ist die Neumarkter Straße in Berg am Laim gemeint. Sie wird gerade zu einer frei zugänglichen Ausstellungsfläche im öffentlichen Raum. Auch internationale Größen der Street-Art-Szene können hier ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Das Projekt steht unter der Schirmherrschaft des Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst. Es hat mehrere Immobilienentwickler als Partner.
Schon sind zahlreiche Kunstwerke zu sehen. Beispielsweise wurden die Außenwände eines Discounters von Loomit und dem Fotorealismus-Experten Bert MTA (Nils Jänisch) mit Lebensmittelmotiven bemalt. Ein roter Apfel, Weintrauben, Tomaten, eine Breze und das Körndlbrot wirken derart plastisch, dass man direkt reinbeißen möchte. Loomit (Mathias Köhler) ist ein Pionier der Street Art in Europa und gilt als einer der bedeutendsten Graffitikünstler weltweit.
Loomit und Bert mta: „Die einfachen Dinge“
An anderer Stelle sieht man das 15 Meter große Mural „The Painter“ des Londoner Street-Art Künstlers, Illustrators und Comiczeichners Dave the Chimp, der schon lange die Londoner Street-Art-Szene maßgeblich mitprägt. Er konzentriert sich derzeit auf Veränderungen und positive Schwingungen mit seinen „Human Beans“ (menschlichen Bohnen) als Medium.
The Painter
Die Arbeiten des Kollektivs broke.today tragen alle unterschiedliche Handschriften – und doch sind die Künstler tief miteinander verbunden: Mit ihren Visionen verwandeln sie die Stadt in eine kreative Spielwiese und führen uns dabei in fremde Welten voller Farben und Formen, Gedanken und Geschichten. Auf einer über hundert Meter langen Mauer in der Neumarkter Straße zauberten die Künstler des Kollektivs ihre Visionen für das Munich Art District.
Erik Mayer vom Künstlerlollektiv „broke.today“
Gerald Jegal thematisiert mit seinem Mural „Lot und seine Tochter“ die Liebe und die Schwierigkeiten des Zusammenlebens in der heutigen Gesellschaft.
Lot mit seinen Töchtern
Johannes Brechter und Fader one gestalteten die Fassade dieses Hauses in der Neumarkter Straße.
Das „Musterhaus“, das Miriam Ganser zauberte, ist ein Symbol für sichtbargemachten Leerstand. Über die Fassade ziehen sich YinYang-Mäander, Schweinchensonne, abstrakte Muster und Symboliken – miteinbezogen wurden baulichen Gegebenheiten wie das Schaufenster, in dem ein bemalter Vorhang hängt.
Musterhaus
Der europaweit in der Szene bekannte Tätowier- und Street-Art-Künstler Ralf Spitzer alias Shamey ABC wurde auch im Munich Art District tätig. Sein Kunstwerk für das Munich Art District trägt den Titel „Tiger and Dragon“. Es wurde oder vom gleichnamigen Film inspiriert.
Tiger and Dragon
Shamey hat sich in den letzten Jahrzehnten einen Namen in der internationalen Graffitiszene gemacht. Seine Anfänge waren Ende der Achtziger mit der Münchner Graffiti Crew ABC. Seine bemerkenswerte Verarbeitung von Farbe und Sprühlack, seine Techniken mit Pinsel und Airbrush sind einzigartig.
Die größte Herausforderung der Street-Art-Künstler besteht darin, neue Wände zu bekommen. Dazu muss man die Eigentümer davon überzeugen, dass etwas Besonderes an ihrem Haus entsteht. Die Eigentümer müssen für die Kunst an ihrem Haus nicht zahlen und haben immer ein Mitspracherecht.
Mit zahlreichen Graffiti und Wandmalereien ist das Werksviertel östlich des Ostbahnhofs ein Fest fürs Auge. Im ehemaligen Kunstpark Ost (später Kultfabrik) haben Kunst und Kultur (noch) einen festen Platz. Siehe auch Werksviertel.
Mural von Devita
Gemeinsam mit den bekannten Münchner Graffiti-Künstlern Beastiestylez, Reyn, Fader und Kürls besprühten Jugendliche bei einem Kunstprojekt der Hausverwaltung Hasenbergl im Jahr 2016 freie Flächen in der GWG-Wohnanlage in der Wintersteinstraße im Hasenbergl. Es entstanden echte Kunstwerke, die allesamt die unverkennbare Handschrift der Schaffenden zeigen. Bevor es an die Arbeit ging, erklärten die Graffiti-Künstler den teilnehmenden Jugendlichen die theoretischen Grundlagen des „Sprayens“ und zeichneten grobe Skizzen an die Wände.
Das Projekt wurde von Frau Stein, der Sozialpädagogin der Hausverwaltung Hasenbergl ins Leben gerufen. Mit dieser Aktion sollten Jugendlichen im Viertel die Möglichkeit gegeben werden, ihre Umgebung aktiv mitzugestalten. Das Viertel erhielt durch die Aktion eine Freiluftgalerie, die Kunst für alle offen zugänglich machte.
Die Stadtwerke München sind besonders offen für Street Art. So wurden unansehnliche Zweckbauten mit farbigen Murals zu interessanten Hinguckern. So sind beispielsweise das Pumpenhäuschen am Kärntner Platz sowie die Trafohäuschen am Pronnerplatz in Laim und am Agnes-Bernauer-Platz ausgezeichnete Vorzeigebeispiele. Das Trafohäuschen des Prater-Wasserkraftwerks wurde sogar vom Münchner Graffiti-Künstler Loomit bemalt. In der Corneliusstraße hängt am Gebäude der Stadtwerke seit einiger Zeit ein Street-Art-Kunstwerk. Und das bereits beschriebene größte Mural der Stadt ist am Umspannwerk der SWM in Giesing zu finden.
Der Künstler Lion Fleischmann hat das Wasserversorgungshaus der Stadtwerke München auf dem Max-Lebsche-Platz in Großhadern verschönert. Fische, die von Angelhaken und Müll befreit werden, ein schwangeres Seepferdchen-Männchen, ein geimpfter Seestern, ein Einsiedlerkrebs mit Miesmuschelbefall sowie eine Meeresschildkröte mit Prothese: Zentrales Motiv ist die Oktopus-Krankenschwester, die sich mit acht Armen um alle gleichzeitig kümmert.
STW-Verteiler am Agnes-Bernauer-Platz
Die Auflistung könnte weitergehen, es würde aber den Rahmen dieser Webseite sprengen. Weitere „Locations“ sind der Alte Schlachthof, die Isarinsel bei der Muffathalle, das Werksviertel und natürlich Brückenpfeiler und Fußgängerunterführungen. Es lohnt sich jedenfalls, mit offenen Augen durch München spazieren gehen.
BUCHTIPP: | |
Streetart München: Reiseführer für Münchner | |
Das Buch ist eine Art Best Of, mit Texten und Fotos aus den beiden Vorgängerbüchern sowie einigen neuen Arbeiten. Münchens Streetart-Experte Martin Arz konzentriert sich ausschließlich auf Murals und Graffiti. Zudem gibt es einen Rückblick auf die Anfänge der Münchner Graffiti-Bewegung in den 80er-Jahren. | |